Prag/Brünn - Der tschechische Verfassungsgerichtshof in Brünn hat eine umstrittene, als "Restitutions-Schlusspunkt" bekannte Gesetzesbestimmung aufgehoben, laut der die Tschechen die Rückgabe ihres im Kommunismus beschlagnahmten Bodens oder eine entsprechende Kompensation vom Staat nur bis 31. Dezember 2005 fordern konnten, berichteten am Mittwoch tschechische Medien. Das Verfassungsgericht kam damit der Beschwerde einer Gruppe von Abgeordneten und Senatoren entgegen, die gefordert hatten, dass die berechtigten Bürger bzw. ihre Erben, die es bisher nicht geschafft hatten, ihre Forderungen zu erledigen, dies auch nach dem genannten Datum tun könnten.

Wie die tschechischen Zeitungen am Mittwoch weiters berichteten, betrifft jedoch das Verdikt des Verfassungsgerichtshofes nur die direkten Ansucher, das heißt die einstigen Besitzer der Grundstücke bzw. ihre Nachkommen (Erben). Für die unerledigten Rückgabe-Forderungen, die die direkt berechtigten einstigen Besitzer an jemanden schon verkauft haben, bleibt der Termin 31. Dezember 2005 weiterhin in Kraft.

Laut offiziellen Angaben gibt es in Tschechien noch unerledigte Boden-Rückgabe-Forderungen von insgesamt 90.000 Personen oder Subjekten im Gesamtwert von 1,8 Mrd. Kronen (62,06 Mio. Euro). Nur ein kleinerer Teil davon geht jedoch die einstigen Besitzer bzw. ihre Erben an. In den meisten Fällen - etwa 80 Prozent - handelt es sich schon um dritte Personen oder Subjekte, beispielsweise Immobilien-Firmen, die diese Forderungen gekauft haben.

Der Hauptgrund, warum auch 16 Jahre nach dem Fall des Kommunismus die Boden-Rückgabe-Forderungen noch nicht erledigt wurden, sind die Streitigkeiten zwischen den Ansuchern und dem Staat. In vielen Fällen ist es nämlich nicht mehr möglich, direkt das beschlagnahmte Grundstück zurückzugeben. Der staatliche Boden-Verwaltungsfonds ist in einer derartigen Situation verpflichtet, ein anderes Grundstück anzubieten. Die Ansucher beschwerten sich jedoch, dass diese Ersatz-Grundstücke wertlos oder nur schwer nutzbar seien.

Das Prager Abgeordnetenhaus hatte dabei im November den "Restitutions-Schlusspunkt" zum 31. Dezember 2005 bestätigt - ein Antrag einer Gruppe von Rechts-Abgeordneten, den Termin zu verlängern, war mit Stimmen der Sozialdemokraten (CSSD) und der Kommunisten (KSCM) abgelehnt worden. Premier Jiri Paroubek (CSSD) kommentierte nun die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, mit dem diese Gesetzesbestimmung zum Teil aufgehoben wurde, als "vernünftig". Es bleibe nichts Anderes übrig, als es zur Kenntnis nehmen und damit arbeiten, so Paroubek. (APA)