Innsbruck/Wien - "Mein Gott, die informellen Kanäle funktionieren", sagt Günter Ecker, Chef von Menschenrechte Österreich. Er "weiß", dass Briefe aus dem Ministerium an ihn "unterwegs sind". Mit 1. Jänner soll Ecker nach Wien und Oberösterreich auch in Tirol die Schubhaftbetreuung übernehmen. Das erfuhr DER STANDARD von Johannes Rauch, dem Sprecher von Innenministerin Liese Prokop (ÖVP). Vom Ministerium "noch nicht informiert" über die geplante Änderung war am Montag die Arge Schubhaft, die seit acht Jahren die Betreuung durchführt.

Die Arge vermutet "politische Motive" hinter der Entscheidung des Kabinetts. Denn: "Wir wissen, dass uns die Fachabteilung nach einem Jahr Evaluation erneut empfohlen hat." Die Abteilungsleiterin hat vergangene Woche das Haus kurzerhand Richtung Unabhängigen Bundesasylsenat verlassen. Rauch, der zunächst eine Empfehlung der Abteilung in Abrede stellte, sagte später: "Es gab verschiedene Meinungen."

Es könne "keine Erbpacht geben", so Rauch. Und: "Ausschlaggebend war, dass Ecker auch die Rückkehrberatung angeboten hat." Arge-Obfrau Michaela Ralser erwidert: "Eine Koppelung mit der eigens ausgeschriebenen Rückkehrberatung wäre eine Bedingungsänderung ohne unser Wissen im Nachhinein". Und: "Wir sind nicht von Erbpacht ausgegangen, aber es verwundert, wenn ein multiprofessionelles und multiethnisches Team nicht zählt." Tirols Grüne sind "bestürzt".

Offenbar "ist engagierte Arbeit für Schubhäftlinge nicht erwünscht", sagt Migrationssprecherin Elisabeth Wiesmüller. Die Arge, Trägerin des Tiroler Integrationspreises 2003, hat mit zwei Halbtagsstellen, zwei Dutzend Ehrenamtlichen und einem kostenlosen Übersetzerpool in den acht Jahren gut 4100 Schubhäftlinge betreut. Bundesweit kümmern sich rund 20 Betreuer diverser NGOs um die Schubhäflinge. Derer gab es in den vergangenen Jahren immer weniger: 2004 hatten sich insgesamt 9041 Menschen in Auslieferungshaft befunden, 2005 waren es von Jänner bis November 6881.

"Trendumkehr"

Wegen der neuen, strengen Fremdengesetze rechnet Christoph Riedl, Flüchtlingsbeauftragter der Diakonie, im Jahr 2006 jedoch mit einer "Trendumkehr". Riedl, seit Kurzem NGO-Schubhaftbetreuungskoordinator, spricht nur für die Hälfte der Betreuer. Nämlich nicht für jene von Eckers Verein, der "bekannterweise ziemlich ministeriumsnah" sei. (red/DER STANDARD, Printausgabe, 20.12.2005)