Teheran/Berlin/Brüssel/New York - Der Iran kann auf der Grundlage eines von Präsident Mahmoud Ahmadinejad beurkundeten neuen Gesetzes bei einer Eskalation des Atomstreits internationale Kontrollen seiner Atomanlagen aussetzen. Nach den gesetzlichen Vorschriften können unangemeldete Kontrollen der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) untersagt werden, sollte die in Wien ansässige Behörde Teheran wegen des Atomstreits vor den UNO-Sicherheitsrat bringen, wie die Nachrichtenagentur Fars am Samstag berichtete. Nach den antiisraelischen Ausfällen Ahmadinejads lotet die deutsche Regierung inzwischen bei den Vereinten Nationen Reaktionsmöglichkeiten aus.

Gespräche für Mittwoch geplant

Das iranische Gesetz zur Aussetzung des IAEO-Zusatzprotokolls, in dem die Kontrollen festgelegt sind, war im November vom Parlament (Majlis) verabschiedet worden. Die Atomverhandlungen des EU-"Trios" Deutschland, Frankreich und Großbritannien mit dem Iran sollen an diesem Mittwoch in Wien auf Expertenebene wieder aufgenommen werden. Die Gespräche waren im August abgebrochen worden, nachdem Teheran die Uranumwandlung in einer Anlage bei Isfahan ungeachtet internationaler Proteste wieder aufgefahren hatte. Hintergrund des Streits ist die Befürchtung des Westens, der Iran könnte sein Atomprogramm zum Bau von Atomwaffen nutzen.

Beziehungen schwer belastet

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier sieht die Atomgespräche mit dem Iran nach den israelfeindlichen Äußerungen Ahmadinejads als schwer belastet an. "Nach den Äußerungen des iranischen Präsidenten werden auch die Atomgespräche zwischen Europäern und dem Iran schwerer werden", schrieb Steinmeier in einem Beitrag für das Massenblatt "Bild am Sonntag" (BamS). "Die Welt braucht nachprüfbare Garantien dafür, dass der Iran nicht nach der Atombombe strebt." Ahmadinejads Äußerungen seien "zynisch und brandgefährlich". Ahmadinejad hatte die Judenvernichtung durch die deutschen Nazimachthaber als "Märchen" bezeichnet und empfohlen, Israel nach Europa oder Amerika zu verlegen.

"Zionistische Regime"

Der iranische Präsident setzte seine antiisraelischen Äußerungen am Samstag fort. Das "zionistische Regime" sei eine Gefahr für den gesamten Nahen Osten, sagte Ahmadinejad. Er riet Muslimen daher zu "erhöhter Wachsamkeit", wie die Agentur Fars berichtete. Die Europäische Union hat den iranischen Präsidenten wegen dessen Leugnung des Holocaust verurteilt. Zugleich signalisierte die EU der Regierung in Teheran, dass die Chance für eine diplomatische Lösung des Konflikts um das iranische Atomprogramm nicht für immer bestehe. Die hart formulierten Passagen zum Iran waren Teil einer Erklärung des Brüsseler EU-Gipfels zum Nahen Osten.

Ein hochrangiger iranischer schiitischer Geistlicher hatte am Freitag den Holocaust als "falsches Gerücht" bezeichnet. Ayatollah Ali Meshkini, Leiter eines politischen Überwachungsausschusses, erklärte während des Freitagsgebets in der heiligen Stadt Qom (Ghom bzw. Kum), die Äußerungen Ahmadinejads seien "völlig logisch" und kämen aus dem "Herzen der Iraner". US-Präsident George W. Bush hat den Iran nach den israelfeindlichen Äußerungen Ahmadinejads als Bedrohung bezeichnet. (APA/dpa/AFP)