Wenn der Stechschritt Pause hat: Alex Kapranos, Sänger von Franz Ferdinand, kniet sich in einen Song.

Foto: STANDARD/Christian Fischer
Dass dem kantigen Dance-Rock dieser Shootingstars die eine oder andere Ballade bestens ansteht, wurde dabei eindrucksvoll bewiesen.


Wien - "Do-Do-Do you want to?", erkundigte sich ein enthusiasmiert stotternder Alex Kapranos beim Publikum in der Stadthalle und die Antwort fiel eindeutig aus: Kreisch!!! Yeah!!! Unbedingt!!! Eh kloar!!! Reißt's an!!! Härter werden!!! Gib ihm!!! Franz!!! Ferdl!!!

Von derartigem Zuspruch sichtlich angetan, intonierte der schnittig gekleidete Vierer auf der Bühne pflichtschuldig den gleichnamigen Song: Do You Want To - vom heuer erschienen zweiten Album You Could Have It So Much Better. Gleichzeitig Franz-Ferdinand-Hausmarke pur. Also einer jener zappelig und etwas hektisch beginnenden Gassenhauer von heute und morgen, die sich nach kurz aufgebautem Stau in einen lässig abtanzbaren, fetzig hingerotzten und von betörenden Melodien gekennzeichneten Dreiminüter erleichtern.

Aus diesem mitgebrachten Geschenkkorb wurde reichlich verteilt. Das führte jedoch nach der ersten halben Stunde, in der man diesen mitreißenden Variationen von zwei, drei Grundideen beiwohnte, doch zu einem gewissen Sättigungsgefühl. Immerhin handelt es sich bei der Musik von Franz Ferdinand um eine mittlerweile zart bis mittelschwer strapazierte Ästhetik.

Schließlich folgten etliche Bands dem eingeschlagenen Weg dieser vier sympathischen Schotten, die mit ihrem titellosen Debüt von 2004 aus dem Nichts kamen und innerhalb kürzester Zeit an die zwei Millionen Alben absetzen konnten. Mittlerweile knackten sie selbst den amerikanischen Markt mit einer Leichtigkeit, als wäre er Popcorn. Befragen Sie einmal Robbie Williams zu dem Thema!

Reizüberflutung

Jedenfalls haben all die Maximo Parks, The Rakes, die hier das sehr gute Vorprogramm gaben, Futureheads, Bloc Partys, Editors, The Braverys, The Killers und andere, die aus dieser Neigungsgruppe aus dem FM-4-Radio dudeln, vor allem eines verantwortet: eine Reizüberflutung.

All den genannten Bands ist nämlich eigen, dass sie sich beim Fundus der frühen Achtzigerjahre-New-Wave bedienen und im Sog von Franz Ferdinand, begleitet von lautem Marktgeschrei ihrer jeweiligen Handelsstellen, aufgepoppt sind.

Just als sich die Mundwinkel also anschickten, einen auf Angela Merkel zu machen, ließ sich Sänger Kapranos vor den vier roten Fahnen im Bühnenhintergrund eine Akustikgitarre umhängen, griff in die Saiten und hob zu Walk Away an, das im Werk von Franz Ferdinand als Ballade gehandelt wird.

Ein Midtempo-Stück, in dem der Akustischen sexy Sixties-Riffs zur Seite gestellt werden. Der so bewerkstelligte formale Bruch tut nicht nur dem aktuell Album spürbar gut, gerade auch live wirkte dieser Einschub in eine gerade etwas fade werdende Songabfolge Wunder.

Champers mit Pfeffer

Diese kleine - na ja - Verschnaufpause half der Band merklich. Die in der zweiten Konzerthälfte gespielten Hits wie Take Me Out oder Darts Of Pleasure mit der zum Kalauer gewordenen Zeile "Ich heisse super fantastische, ich trinke Champersmit Lachsfisch", wurden mit ungleich mehr Pfeffer geboten als alles zuvor: Kamparos turnte am Schlagzeug herum, grätschte den Rockstar und verlieh den Stechschrittrhythmen seiner Band jene Besessenheit, die letztlich sogar die kalte Unwirtlichkeit der Stadthalle vergessen ließ.

Wie sagt man in Unterhaltungsbranche so schön: Geil abgeliefert, Alex! (DER STANDARD, Printausgabe, 17./18.12.2005)