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Zur Person
Der Sozialdemokrat Jirí Paroubek (53) ist seit April Regierungschef und muss sein Amt bei den Wahlen im Juni 2006 gegen die Konservativen verteidigen. Paroubek ist verheiratet, hat einen Sohn und ist Anhänger des Traditionsklubs Slavia Prag.

Foto: REUTERS/HO/Hopi-Media
Standard: Bei Ihrem letzten Wien-Besuch sagten Sie, die Beziehungen zwischen Wien und Prag sind so gut wie nie. Sehen Sie das immer noch so, nachdem Österreich sich weigert, den heimischen Arbeitsmarkt für Tschechen zu öffnen?

Paroubek: Natürlich ist das unangenehm, aber unter Freunden, und die Tschechische Republik und Österreich sind Freunde, passieren eben Dinge, wie sie in den besten Familien passieren: dass sich ihre Mitglieder nicht entgegenkommen. Es ist schade, weil ich glaube, dass die Tschechen den österreichischen Arbeitsmarkt nicht überfluten würden.

Standard: Wenn die Tschechen gar nicht auswandern wollen, warum ist Ihnen dann die Aufhebung der Übergangsfristen so wichtig?

Paroubek: Es hat für uns keine so große praktische Bedeutung. Es würden einige hundert, oder vielleicht sogar tausend Menschen ausnutzen. Aber es hätte einen großen symbolischen und psychologischen Wert: Man würde sich als respektiertes Mitglied der Familie fühlen.

Standard: Was erwarten Sie vom EU-Vorsitz Österreichs?

Paroubek: Schon im Juli habe ich Kanzler Schüssel angeboten, dass wir zur Verfügung stehen, wenn er die Dienste der tschechischen Diplomatie nützen will. Auch deshalb, weil wir einmal selbst oder gemeinsam mit jemandem anderen, wenn die EU-Verfassung ratifiziert wird, Vorsitzende in der Europäischen Union sein könnten. Da sollte man sich schon einmal abtasten. Ich kann mir in Zukunft auch gemeinsame Botschaften vorstellen, etwa am Balkan.

Standard: Österreichs Regierung gefällt sich in der Rolle des Sprachrohrs der mitteleuropäischen Länder. Zu Recht?

Paroubek: Das ist vielleicht etwas sehr selbstbewusst. Aber natürlich wollen wir gemeinsam mit Österreich mitteleuropäische Politik gestalten.

Standard: In Berlin stehen mit Kanzlerin Merkel und SPD- Chef Platzeck zwei durch den Kommunismus geprägte Politiker an die Spitze. Haben Politiker mit dieser Biografie "Westlern" etwas voraus?

Paroubek: Mehr politische Empathie als jene, die die Erfahrungen der DDR nicht gemacht haben. Und wenn man sich ihre Karrieren anschaut, bringt das durchaus politische Vorteile.

Standard: Eine persönliche Frage: Sie haben Ihre Partei von zehn Prozent Anfang 2005 auf knapp dreißig Prozent stabilisiert. Können Sie Jörg Haider einen Ratschlag geben?

Paroubek: Bei Haiders Partei hilft nur mehr eine neue Führungsperson. Die Menschen nehmen ihn als altes Gesicht wahr. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.12.2005)