Der so genannte Remisenhof Urfahr soll das bereits ermöglichen, was die Tagung "gender housing" auf dem Programm hat: geschlechtersensibles Wohnen.
gender housing
Chancengleichheit im Wohnbau hört sich selbstverständlich an, kommt aber nur in den seltensten Fällen vor. Es stellt sich die Frage, was soll denn bitte schön an Wohnungen und Architektur diskriminierend sein? Nicht nur eifrige die Standard.at-LeserInnen können auf diese Frage Antwort geben, wie es scheint, auch die oberösterreichische Landesregierung. Oder zumindest Teile davon.

Räumliche Strukturen sind sowohl Abbild, als auch Reproduzent sozialer und machtspezifischer Strukturen. Wie gerade Geschlechterrollen durch die bauliche Substanz mitbeeinflusst werden, ist in den seltensten Fällen Bestandteil architektonischer Überlegungen. Frauen und Männer haben jedoch nachweislich unterschiedliche Ansprüche und Bedürfnisse an das Wohnen und an ihr Wohnumfeld. So nutzen Frauen zum Beispiel den öffentlichen Verkehr weitaus intensiver und befahren kürzere, aber umso verschachteltere Wege.

Anbindung an Infrastruktur und Vermeidung von "Angsträumen"

Frauen- und alltagsgerechtes Bauen bedeutet auch so genannte "Angsträume" zu vermeiden, wie zum Beispiel schlecht beleuchtete Tiefgaragen, uneinsichtige Ecken und Winkel in den Spielplätzen. Ebenso ist die Anbindung an infrastrukturelle Einrichtungen wie Kindergärten und Einkaufsmöglichkeiten von großer Bedeutung.

Aber auch in der architektonischen Umsetzung können gendersensible Akzente gesetzt werden. Wie die berühmte Architektin Margarete Schütte-Lihotzky schon vor Jahrzehnten (beinahe einem Jahrhundert!) gefordert hat, gilt es, den Küchenbereich zu einem der zentralen Orte der Wohnung zu konzipieren. Eine flexible Raumaufteilung, die sich nicht nach dem herkömmlichen "Küche-Wohnzimmer-Schlafzimmer der Eltern-Kinderzimmer"-Prinzip richtet, sondern unterschiedliche Nutzungen zulässt, gewährleistet die Entfaltung unterschiedlichster Wohn- und Lebensentwürfe.

"gender housing"

Ein Versuch in diese Richtung wurde vom Land Oberösterreich mit dem Linzer "Remisenhof Urfahr" umgesetzt, der seit 2001 auf ca. 7000 Quadratmetern geschlechtersensiblen Raum zum Wohnen bereitstellt. 113 Wohnungen des Projekts der Architektinnen Marlies Binder und Heide Mühlfellner beherbergen eine bunte Mischung aus Familien, Singles, AlleinerzieherInnen, Paaren, SeniorInnen und StudentInnen.

Um der Sache weiterhin auf den Grund zu gehen, ließ der zuständige Wohnbau-Landesrat Hermann Kepplinger dieses Wohnprojekt nun evaluieren. Die Ergebnisse der Untersuchung, sowie eine erweiterte Diskussion über gendersensiblen Wohnbau bietet dazu eine international besetzte Tagung vom 19. - 20. Jänner 2006 unter dem Titel "gender housing", die auf Kepplingers Initiative hin vom Institut für Frauen- und Geschlechterforschung an der Johannes Kepler Universität Linz veranstaltet wird.

(e_mu)