St. Gallen – In der Schweiz kann jeder Treuhänder sein; egal, ob Konditor oder Hausfrau, wie der größte St. Gallener Betrugs- und Geldwäscheprozess, der zurzeit verhandelt wird, zeigt.

100 Millionen Schweizer Franken (rund 65 Millionen Euro) soll die 65-jährige Rita Hauser gemeinsam mit ihrem Mann Ernst von Kleinanlegern, die meisten davon aus Deutschland, zur Veranlagung erhalten haben. Ein Großteil des Geldes ist verschwunden. Die geprellten Anleger verlangen 70 Millionen Franken zurück. Gesammelt wurden die Millionen von Anlagevermittlern, meist Versicherungsmaklern. Die lieferten das Geld, oft in bar, bei Rita Hauser, die mit ihrem Mann, einem Konditor, die „Hauser Treuhand“ in Rorschach am Bodensee betreibt, ab. Nur kurze Zeit wurde Rendite ausbezahlt.

"Wollte nur helfen"

„Schneeballsystem“ sagt die Staatsanwaltschaft und fordert zehn Jahre Haft für Rita Hauser. Was die biedere Frau – „ich kenne mich bei den ganzen Sachen ja gar nicht aus“ – nicht verstehen kann: „Ich hab’ doch allen nur helfen wollen.“ Hausers Hilfe kostete den 34-jährigen Feldkircher Versicherungsagenten Milan Z. 800.000 Schweizer Franken.

„Man sagte mir, Hauser habe Bankenstatus.“ Milan Z. zweifelt am Schweizer Rechtsstaat: „Warum hat man der Frau das Handwerk nicht längst gelegt?“ Erste Rechtshilfe ersuchen aus Deutschland kamen bereits 1994. Die deutschen Geschäftspartner haben ihre Haftstrafen längst abgesessen. (jub, DER STANDARD Printausgabe, 14.12.2005)