Der designierte polnische Staatspräsident
Lech Kaczynski, der am 23. Dezember die
Nachfolge von Aleksander Kwasniewski antritt,
hat im Wahlkampf die Wiedereinführung
der Todesstrafe gefordert. Dafür wurde er nach
seinem Wahlsieg von der EU-Kommission gerügt.
Die Todesstrafe stehe „nicht im Einklang
mit den grundlegenden Werten und Prinzipien,
auf denen die EU gegründet ist“, sagte ein
Sprecher von Justizkommissar Franco Frattini
am Tag nach der Wahl Kaczynskis. Dasselbe
gelte für sexuelle Diskriminierung. Kaczyn´ski
ist auch gegen mehr Rechte für Homosexuelle
und gegen die Abtreibung. Als Oberbürgermeister
von Warschau untersagte er eine
Demonstration von Homosexuellen.
Todesstrafe für Terrorismus
Die Erwartung, das Thema Todesstrafe werde
nach Kaczynskis Angelobung vom Tisch
sein, weil der Präsident dann mehr an Polens
Position in Europa als an seine Wähler denke,
könnte jedoch verfrüht sein. Der Jurist Janusz
Kochanowski, Kandidat für das Amt des polnischen
Ombudsmanns für Menschenrechte,
plädiert für eine EU-weite Diskussion über
eine Rückkehr zur Todesstrafe. Die Todesstrafe
sollte im Strafrecht für Verbrechen wie Terrorismus,
Völkermord und Kriegsverbrechen
vorgesehen sein, sagte Kochanowski, der auch
als Justizminister im Gespräch war, vor wenigen
Tagen im polnischen Rundfunksender Radio
Zet. „Polen sollte von Zeit zu Zeit (innerhalb
der EU) auf dieses Problem zurückkommen
und abwägen, ob es endgültig und gut gelöst
wurde“, sagte er.
Aus der Diskussion solle
kein Problem für Polen entstehen, meinte er
angesichts der eindeutigen Haltung der EU zur
Todesstrafe. Mit Blick auf die Bedrohung
durch den Terrorismus solle allerdings überlegt
werden, „ob wir uns ohne die Todesstrafe
zu helfen wissen“. (dpa, red, DER STANDARD Printausgabe, 14.12.2005)