Während die EU hofft, die "weltgrößte Freihandelszone" zu schaffen, hat Venezuelas Hugo Chávez den Freihandel als "selbstmörderisch" bezeichnet. Mit diesem Argument hat der linke Präsident der fünftgrößten Ölexportnation im November in Argentinien den Plänen von US-Präsident George Bush zur Schaffung einer Freihandelszone aller amerikanischer Staaten eine Abfuhr erteilt. Nur Mexiko trat dort offensiv für den Bush-Plan ein. Die Mercosur-Staaten lehnten das Projekt vorläufig ab. Brasilien geht es vor allem darum, besseren Zugang für seine Agrarexporte in die USA (und, bei den EU-Verhandlungen, mit Europa) zu erreichen. Derzeit kämpft Brasilien vor der Welthandelsorganisation WTO gegen den Agrar-Protektionismus der großen Industriestaaten.
Venezuelas Chávez setzt nun alles daran, sich mit seiner populären Liberalisierungsfeindlichkeit zum politischen Führer der Region aufzuschwingen. Mit Mexiko entfachte er einen diplomatischen Konflikt, indem er Präsident Vicente Fox als "Schoßhund der USA" bezeichnete. Argentiniens bisher pragmatisch-linken Präsidenten Néstor Kirchner lud er dagegen nach Caracas ein und bot ihm weitere großzügige Unterstützung an. Schon bisher hat Venezuela argentinische Staatsanleihen für 950 Millionen Dollar gekauft. Nun soll es - wie auch für andere Staaten der Region - günstige Gas- und Diesellieferungen geben. Argentinische Kommentatoren konstatieren bereits ein Einschwenken Kirchners auf den radikalen Chávez-Kurs. Da auch Uruguay für Chávez Sympathien zeigt, könnte die Aufnahme Venezuelas in den - dem Zollabbau verpflichteten - Mercosur Realität werden. Offen ist, ob der Beitritt Venezuelas, das abgesehen vom Öl keine konkurrenzfähigen Produkte hat, schlagartig oder mit jahrelangen Übergangsfristen erfolgen soll.
EU nun pessimistisch
Abschrecken könnte gemäßigte Mercosur-Politiker, dass Chávez, der daheim Ölmilliarden in Hilfsprogramme für die Armen steckt, bei den von der Opposition boykottierten Parlamentswahlen soeben zwar alle Sitze gewinnen, aber nur ein Viertel der Wähler zu Stimmabgabe bewegen konnte. Chávez' Herrschaft gilt als zunehmend autoritär. Im Mercosur könnte sein wachsender Einfluss zu inneren Auseinandersetzungen führen.