Bagdad/Kairo - Eine Woche vor der Parlamentswahl im Irak eskaliert die Gewalt: Eine islamistische Untergrundgruppe meldete die Tötung einer US-Geisel und bei einem Selbstmord-Anschlag in Bagdad wurden bis zu 30 Menschen getötet und etwa 40 verletzt. Bei zwei Anschlägen auf US-Truppen wurden zwei US-Soldaten getötet.

Auf einer Internetseite eines islamistischen Webforums teilte die Gruppe Islamische Armee im Irak mit, sie habe einen "amerikanischen Sicherheitsberater des Wohnungsbauministeriums" in Bagdad getötet, weil die US-Regierung nicht auf ihre Forderung nach Freilassung irakischer Gefangener eingegangen sei. Die Angaben konnten zunächst nicht überprüft werden. Die Gruppe hatte vor zwei Tagen dem arabischen Fernsehsender Al Jazeera ein Video mit einer Geisel zukommen lassen, in dem der 40-jährige Amerikaner Ronald Schulz gezeigt worden sein soll.

Kein Beweis

In der Erklärung wurde der Name des Getöteten nicht genannt und auch sonst kein Beweis für die Tötung gezeigt. Es hieß, Bilder von der Tötung würden später folgen. Es wäre die erste Tötung einer amerikanischen Geisel im Irak seit dem 21. September 2004. Im Irak sind derzeit mehrere Ausländer verschleppt: Außer der Deutschen Susanne Osthoff, von der es seit Tagen kein Lebenszeichen gibt, ein Franzose und vier Mitarbeiter einer christlichen Hilfsorganisation. Die Entführer der beiden Kanadier, eines Amerikaners und eines Briten haben gedroht, ihre Geiseln am Samstag zu töten.

Die Mutter der vor knapp zwei Wochen verschleppten Osthoff (43) appellierte indes erneut an die Entführer. Die Mutter wandte sich am Donnerstag erneut an die Geiselnehmer. "Meine Tochter und ihr Fahrer sind unten, um zu helfen", sagte Ingrid Hala dem Nachrichtensender n-tv. Sie bat darum, "allen zu helfen", damit die Entführten bald freikämen.

Französische Hilfe

Frankreichs Präsident Jacques Chirac bot der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel Hilfe in dem Fall an. Solidarisch stehe Frankreich an der Seite Deutschlands, wenn es darum gehe, eine Lösung zu erreichen, sagte Chirac am Donnerstagabend bei einem Spitzentreffen mit der Kanzlerin in Berlin.

Bei dem Selbstmordanschlag in Bagdad sprengte sich der Täter in einem Bus in die Luft, der in den schiitischen Südirak fahren wollte. Die Schiiten stellen die Bevölkerungsmehrheit im Irak und sind nach dem Sturz des Sunniten Saddam Hussein erstmals in der Geschichte des Landes maßgeblich an der Regierung beteiligt.

Erneuter Anschlag

Der Busbahnhof war bereits im August Schauplatz eines dreifachen Autobombenanschlags, bei dem 43 Menschen getötet wurden. Erst am Dienstag waren bei einem Anschlag auf eine Polizeischule in Bagdad 43 Beamte und Kadetten getötet worden.

Die beiden US-Soldaten wurden nach Militärangaben am Mittwoch und Donnerstag bei Sprengstoffanschlägen auf ihre Fahrzeugkolonnen im Osten Bagdads und bei Ramadi getötet. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld kündigte unterdessen an, die Zahl der US-Soldaten im Irak könnte nächstes Jahr von derzeit 160.000 auf unter 137.000 gesenkt werden. Die US-Präsenz sei wegen der Wahl am 15. Dezember ausgebaut worden; sobald es die Umstände erlaubten, solle sie wieder verringert werden.

Trotz wachsender Bedenken in der Öffentlichkeit verlängerte Japan den Einsatz seiner Soldaten im Irak um ein Jahr. Der humanitäre Einsatz der 600 Soldaten in der südirakischen Stadt Samawah sei für den Wiederaufbau nötig, sagte Ministerpräsident Junichiro Koizumi nach dem Kabinettsbeschluss vom Donnerstag. Auch das estnische Parlament beschloss mit 68 gegen 3 Stimmen eine Verlängerung des Einsatzes im Irak. In Bagdad sind 34 estnische Soldaten einem US-Kontingent zugeordnet. Tschechien verlängerte den Einsatz von rund 100 Militärpolizisten bis Ende 2006. (APA/AP/dpa)