Berlin - Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn hat Unternehmenschef Hartmut Mehdorn Rückendeckung für seine Expansionspläne in Hamburg gegeben. Das Kontrollgremium forderte den Vorstand am Mittwoch auf, die Verhandlungen mit der Hansestadt über eine stufenweise Beteiligung an der Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA) und an der Hamburger Hochbahn AG (HHA) zügig fortzusetzen, hieß es in einer Mitteilung der Bahn. Die politisch heikle Frage eines möglichen Umzugs der Bahn-Zentrale nach Hamburg hielt sich der Aufsichtsrat offen.

Mehdorn stellte seine Pläne für einen Einstieg bei den Hamburger Transport- und Hafenunternehmen persönlich dem Aufsichtsrat im Berliner Bahntower vor. Mit Erfolg: Das Gremium halte die strategische Partnerschaft zwischen Hamburg und der Bahn aus "betriebswirtschaftlichen sowie verkehrspolitischen Gründen" für sinnvoll, erklärte Bahn-Aufsichtsratschef Müller anschließend. Damit liege der Aufsichtsrat auf einer Linie mit dem Bahn-Vorstand und dem Bundeskabinett.

Umzug offen

Keine Entscheidung fällte der Aufsichtsrat in der Frage, inwieweit die Bahn dem Hamburger Senat im Gegenzug für das Geschäft einen teilweisen oder kompletten Umzug der Zentrale anbieten solle. "Umzugsfragen werden erst am Ende des gesamten Bewertungsprozesses entschieden", erklärte Müller.

Die Hansestadt macht die Ansiedlung der Bahn-Zentrale bisher zur Voraussetzung für den Einstieg des Bundesunternehmens bei den öffentlichen Betreibergesellschaften von Hafen und Hochbahn in Hamburg. Die Bundesregierung lehnt die Verlegung des Konzernsitzes aber aus strukturpolitischen Gründen ab.

Zumindest Teile des Aufsichtsrates sehen in dieser Frage aber noch nicht das letzte Wort gesprochen. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) habe ausdrücklich erklärt, dass noch "keine abschließende Entscheidung" gefallen sei, sagte Bahn-Aufsichtsratsmitglied Norbert Hansen im NDR Info.

Gewerkschaft warnt vor politischer Entscheidung

Der Chef der Bahn-Gewerkschaft Transnet forderte die Bundesregierung erneut auf, über das Engagement der Bahn in Hamburg ausschließlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. "Die Bundesregierung hätte ein großes Problem, wenn sie aus politischen Gründen die Beteiligung an beiden Hamburger Landesunternehmen verhindern würde", warnte Hansen im NDR.

Er verwies auf den so genannten Nachteilsausgleich, laut dem die Eigentümer die Konsequenzen dafür übernehmen müssten, wenn sie den Vorstand zu nachteiligen Entscheidungen für das Unternehmen anwiesen.

Nach dem Aufsichtsrat trifft Bahnchef Mehdorn in der zweiten Wochenhälfte auch noch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Den genauen Termin konnte ein Regierungssprecher auch am Mittwoch nicht nennen. Zumindest kann Mehdorn der Kanzlerin dann glänzende Zahlen vorlegen: Nach Angaben der Bahn wird das Unternehmen im laufenden Geschäftsjahr das angestrebte Betriebsergebnis von 400 Mio. Euro sicher erreichen.

20,6 Milliarden Euro Umsatz

Der Konzernumsatz lag in den ersten zehn Monaten des Jahres bei gut 20,6 Mrd. Euro. Das ist im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung von 4,4 Prozent. Zur positiven Geschäftsentwicklung trugen vor allem der Personenverkehr sowie der Transport- und Logistik-Spezialist Schenker bei. Von Jänner bis Oktober 2005 fuhren etwa 1,5 Milliarden Fahrgäste mit DB-Zügen. Das waren etwa 50 Millionen mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. (APA)