Nach dem Seilbahnunglück von Sölden, bei dem neun deutsche Urlauber ums Leben gekommen waren, haben zwei Hinterbliebene am Dienstag am Landesgericht Innsbruck Schadenersatzklagen eingebracht. Das Unglück hätte den Anwälten der Angehörigen zufolge vermieden werden können. Der Chef des Salzburger Hubschrauber-Unternehmens, Roy Knaus, sprach sich für eine "raschest mögliche außergerichtliche Einigung" aus.

Bei den Schadensersatzforderungen, gehe es darum, die Existenz von vier zu Halbwaisen gewordenen Kindern zu sichern, erklärten die Anwälte der Hinterbliebenen aus Mittenwald. Der Unfall hätte vermieden werden können. Es sei kein unabwendbares Schicksal gewesen, hieß es. Der Pilot habe eine Sonderbestimmung für gefährliche Transportflüge missachtet. Er hätte bei dem Transportflug die Route so wählen müssen, dass bei einem eventuellen Absturz der Last Menschen nicht gefährdet würden. Sowohl die Hubschrauberfirma als auch die Ötztaler Gletscherbahnen als Hauptauftraggeber seien deshalb zu Schadenersatz verpflichtet, argumentierten die Anwälte.

Der Pilot hätte leicht eine Alternativroute fliegen können, lautete die Kritik. Es sei jedoch die direkte Route über die Seilbahn gewählt worden. Dabei hätte man auf jeden Fall den Betrieb der Seilbahn vorübergehend einstellen müssen, hieß es.

"Alles getan"

Von Seiten der Hubschrauberfirma werde seit Wochen "alles getan", um die entstandenen Schäden zu erheben und schnellst möglich einen außergerichtlichen Schadenersatz zu leisten, erklärte Knaus. In der Luftfahrt gebe es eine verschuldensunabhängige Erfolgshaftung. Dabei liege der derzeit anerkannte Haftungshöchstbetrag bei 8.720.000 Millionen Euro. Da die Haftung unbestritten sei und bereits eine außergerichtliche Einigung angestrebt werde, bestehe kein Grund zur Klagseinbringung, erklärte der Firmenanwalt von Kanus. Ein Prozess erzeuge nur Kosten. Dieses Geld wolle man lieber zur Abdeckung der Schäden der Opfer verwenden.

Gletscherbahnen wollen sich wehren

Die Ötztaler Gletscherbahnen wollen sich nun gegen die Klagen zur Wehr setzen. Eine Haftung sei weder aus Verschulden noch aus Betriebsgefahr gegeben, hieß es in einer Aussendung am Dienstagnachmittag.

Es habe kein Vertragsverhältnis zwischen dem Salzburger Helikopter-Unternehmen Knaus und den Ötztaler Gletscherbahnen bestanden. Man habe keinen Einfluss auf die vom Piloten gewählte Flugroute gehabt. Zudem seien die Gesetze "genauestens" eingehalten worden. Mit der bauausführenden Firma sei eine Pauschale vereinbart worden. Daher hätten zusätzliche Flugstunden nicht mehr Kosten für die Gletscherbahnen verursacht.

Technischer Defekt

Am 5. September hatte ein Lastenhubschrauber beim Flug über das Gletscherskigebiet am Rettenbachferner bei Sölden in Tirol einen 750 Kilogramm schweren Betonkübel verloren. Eine Gondel wurde in die Tiefe gerissen. Aus einer zweiten Gondel wurden durch die Schwingungen des Seils sechs Skifahrer hinausgeschleudert und getötet. Bei dem Unglück starben neun deutsche Skifahrer, darunter sechs Kinder im Alter zwischen zwölf und 14 Jahren aus dem Schwarzwald, eine Skilehrerin und ein Skilehrer aus Mittenwald sowie ein Skibetreuer vom Skiclub in Gilching bei München. Zuletzt hatte ein Gutachten einen technischen Defekt als Unfallursache angegeben und den Piloten entlastet. Die Erhebungen der Staatsanwaltschaft in Innsbruck liefen vorerst weiter. (APA/dpa)