Wien - Der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau hat angesichts der steigenden Zahl von armutsgefährdeten Personen in Österreich die Regierung zum Handeln aufgefordert. Im Radio-Morgenjournal des ORF am Montag warf Landau der schwarz-blau-orangen Koalition "Aufmerksamkeitsverweigerung" gegenüber dem Thema Armut vor. Unter dem früheren Sozialminister Herbert Haupt (damals FPÖ) habe es noch Bewegung in Richtung Sicherung von Mindeststandards gegeben, "heute ist völliger Stillstand angesagt".

Die Regierung stelle sonst jeden Bericht "groß vor, aber den Armutsbericht verschweigt sie diskret". Es sei eine Harmonisierung und Modernisierung der Sozialhilfegesetze notwendig. Außerdem müsse es eine vorurteilsfreie Diskussion "über so was wie eine bedarfsorientierte Grundsicherung geben". Dies sei "hoch an der Zeit".

Etwa 30 Prozent der Caritas-Klienten hätten nach Abzug ihrer Fixkosten zwei Euro pro Tag zur Verfügung. Und die Zahl der Armen steige weiter an. Allein in der Wiener Obdachlosen-Einrichtung "Gruft" würden jährlich 70.000 warme Mahlzeiten ausgegeben.

In einem reichen Land wie Österreich müsste es möglich sein, das Auseinanderdriften von arm und reich zu verhindern, sagte Landau. Und der Wiener Caritas-Direktor fordert auch ein Nachdenken über die Vermögensbesteuerung. Hier liege Österreich bei den Schlusslichtern.

Zum Thema Pflege regt Landau eine parlamentarische Enquete und einen nationalen Aktionsplan an. Weiters krisitierte er einen "Kompetenzdschungel" der Landes- und Bundesbehörden in diesem Bereich. Das Pflegegeld müsse erhöht oder zumindest die mobile Betreuung ausgebaut werden. (APA)