Steyr - Die Mutter eines 17-jährigen Mädchens, das im Vorjahr in Oberösterreich verhungerte, steht seit Montag früh erneut vor Gericht. Die 49-jährige Frau war bereits im April einstimmig wegen Mordes durch Unterlassung schuldig gesprochen und für unzurechnungsfähig erklärt worden. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte das Urteil wegen eines Formfehlers aber aufgehoben. Eine Entscheidung wird für morgen, Dienstag, Nachmittag, erwartet.

Die Schülerin war im vergangen Jahr tot in ihrem Bett aufgefunden worden. Sie hatte bei einer Körpergröße von 1,64 Metern nur mehr rund 30 Kilo gewogen und dürfte zwischen 22. und 23. Mai an den Folgen von Nahrungsmangel gestorben sein.

Geschworenen entscheiden

In der neuerlichen Verhandlung müssen die Geschworenen nun entscheiden, ob die Frau vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Die Angeklagte, die einen geschwächten Eindruck machte, erklärte vor Gericht, dass sie in der Bibel gelesen habe, dass ihre Tochter sterben und auferstehen werde. Auf die Frage des Richters, ob sie glaube, dass sie krank sei, antwortete die 49-Jährige: "Ein bisschen, aber ich habe keine Wahnideen." Ein Sachverständiger hatte bereits in dem Prozess im Frühjahr erklärt, die Frau habe nicht anders handeln können, da sie unter einer "wahnhaften Wehrlosigkeit" und "akuter Geisteskrankheit" leide.

Bekannte der Beschuldigten sagten aus, dass sie sich immer für ihre Kinder aufgeopfert und das Beste für sie gewollt habe. Eine Nachbarin der Familie hingegen erklärte, dass sie drei Wochen vor dem Tod der 17-Jährigen zu einer Freundin gesagt habe, dass das Mädchen schlecht ausschaue und nicht mehr lang lebe. Bei der Obduktion der Leiche sei eine starke, durch chronische Fehl- und Unterernährung ausgelöste Abmagerung festgestellt worden, die durch Ödeme teilweise kaschiert worden sei, so ein Gerichtsmediziner.

Totalzusammenbruch

Die Staatsanwältin betonte, dass das Mädchen nicht verhungert, sondern vielmehr an einem körperlichen Totalzusammenbruch gestorben sei. Der Verteidiger der 49-Jährigen erklärte, dass sie das Beste für ihre Kinder getan habe. Den Zustand der 17-Jährigen bezeichnete er als "ständiges Auf und Ab". Ein Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft, gegen den in dem Fall ein Verfahren anhängig ist, entschlug sich wie ein weiterer Kollege seiner Aussage. Dieser hatte die Familie betreut und war in der Vorwoche zu einer unbedingten Geldstrafe von 2.700 Euro und einer bedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt worden. Dagegen hatte die Staatsanwältin Berufung eingelegt. (APA)