Paris - Viele hoch fliegende Pläne und wenig Geld - Europas Raumfahrtpolitik schwebt wieder einmal zwischen dem Lockruf des Weltalls und einem eher trüben Finanzalltag. Der deutsche Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und seine für die Raumfahrt zuständigen Kollegen aus den 17 Partnerstaaten der Europäischen Raumfahrtagentur ESA und Kanada sollen am Montag und Dienstag in Berlin den politischen Kurs für die kommenden Jahre abstecken. Ungeachtet aller Geldnöte steht ihr Treffen unter einem guten Stern - ESA-Experte Marcello Coradini sieht angesichts zahlreicher erfolgreicher Missionen "Europas magisches Zeitalter der Erkundung des Sonnensystems".

Raumfahrtmächte

Die traditionellen Raumfahrtmächte USA und Russland, aber auch die aufstrebenden Neulinge China und Indien stocken ihre Raumfahrt-Budgets teils kräftig auf. Der Alte Kontinent dagegen dreht in Zeiten knapper Kassen jeden Cent um. "Europa muss sich bei der Raumfahrt verstärken", drängt Franco Bonacina, der Sprecher der in Paris angesiedelten ESA. Um dieses Ziel zu erreichen, dürfte seine Organisation gestrafft werden. Kosten-Nutzen-Rechnungen werden in den Vordergrund rücken. Deutschlands Ziel ist es etwa, Europas Raumfahrt "noch stärker auf wissenschaftliche Entdeckungen und die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie" auszurichten.

Erforschung von Mond und Mars

Vorangetrieben werden soll vor allem die Erforschung von Mond und Mars. Zum Mond sollen zunächst Roboter, später auch Menschen fliegen können. Und 2011 wollen die Europäer eine neue Roboter-Mission zum Roten Planeten starten. Nicht zuletzt wollen die ESA und die mit ihr verbündete Europäische Union das Erdbeobachtungsprogramm Global Monitoring for Environment and Security (GMES) starten. GMES soll ab 2008 Satellitendaten aus dem All zusammenführen, um dem Klimawandel auf die Spur zu kommen und die Erde besser vor Naturkatastrophen zu schützen.

Wirtschaft

Auch aus wirtschaftlicher Sicht steht in Berlin einiges auf dem Spiel. Will Europa sein erklärtes Ziel weiterverfolgen, einen "unabhängigen Zugang zum Weltall" zu besitzen, braucht es dazu nicht nur den Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana, sondern auch eigene Trägerraketen. Die kleinere Trägerrakete Vega soll 2007 erstmals fliegen. Unklar ist derzeit aber noch, was nach ihr und den jetzigen Raketen der Familie Ariane-5 kommen soll.

200 Millionen Euro Forschungsgelder, die eigentlich für Raketen der nächsten Generation gedacht waren, flossen nach dem Absturz der allerersten Superrakete "Zehn-Tonnen-Ariane" Ende 2002 eilends in die Rettung des Ariane-Programms. Sollten die ESA-Staaten dieses Geld nicht erneut zusammenkratzen, stehen nach Angaben des Raketenbauers EADS Space bis 2008 etwa 700 hoch spezialisierte Stellen von Entwicklern auf der Kippe. Das Unternehmen, zugleich größter Industrieteilhaber beim Raketenbetreiber Arianespace, weiß, warum es auf eine Finanzentscheidung drängt: Der nächste ESA-Ministerrat steht erst in drei Jahren an. (APA/AFP)