Hamburg - Die Debatte über geheime Anti-Terror-Operationen der CIA in Europa drohe die Wiederannäherung zwischen Deutschland und den USA unter der neuen Regierung in Berlin zu belasten, schreibt das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner am Montag erscheinenden Ausgabe. Vor dem Deutschland-Besuch von US-Außenministerin Condoleezza Rice habe die Bundesregierung nun eine detaillierte Liste von Bewegungen und Landungen getarnter CIA-Flugzeuge in Deutschland in der Hand. Mit solchen Maschinen sollen Terrorverdächtige entführt und in geheime Lager gebracht worden sein.

"Umstrittenen Flüge"

"Laut Liste nutzten die US-Geheimen Deutschland in mindestens 437 Fällen für ihre nun international umstrittenen Flüge", heißt es in dem "Spiegel"-Bericht. Die Statistik sei von der Deutschen Flugsicherung auf Grund einer Anfrage der Linkspartei im Bundestag angefertigt worden. Danach nutzten zwei auf Privatfirmen zugelassene Flugzeuge der CIA allein in den Jahren 2002 und 2003 zusammen 137 und 146 Mal deutschen Luftraum oder landeten auf deutschen Flughäfen - vor allem in Frankfurt/Main, Berlin und auf der amerikanischen Militärbasis Ramstein.

Berlin unter Druck

Diplomaten erwarten laut "Spiegel", dass Rice in Deutschland sowohl in den Gesprächen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) als auch in den Pressekonferenzen dazu Stellung beziehen muss. Mitglieder der Bundesregierung würden befürchten, dass die CIA-Affäre sogar zu einer grundsätzlichen Debatte über die Stationierung von US-Truppen und die Nutzung des deutschen Luftraumes für den Krieg im Irak führen könnte.

Doch Berlin gerate, so das Magazin, in der Affäre auch selbst unter Druck. Bis zum 21. Februar müssen die Deutschen dem Europarat erläutern, was sie in konkreten Entführungsfällen unternommen haben, nachdem sie davon erfuhren. So liege dem Auswärtigen Amt spätestens seit Juni 2004 die Schilderung des aus dem Libanon stammenden Deutschen Khaled el-Masri über Misshandlungen an Bord einer CIA-Maschine vor. US-Behörden haben die Entführung Anfang 2005 informell bestätigt. Bei Verstößen gegen die Menschenrechte von Gefangenen an Bord macht sich laut Völkerrecht möglicherweise auch jener Staat schuldig, der wissentlich nichts gegen Verstöße in seinem Hoheitsgebiet unternimmt. (APA)