Foto: Süddeutsche Junge Bibliothek
Papa, wer hat die Welt gemacht?" - Schöpfungsmythen gehören zu den ältesten Geschichten der Menschheit. Vielleicht liegt sogar ein Ursprung der Literatur in den Versuchen der so genannten Erwachsenen, die Fragen der Kinder zu beantworten.

Jutta Richters "Hund mit dem gelben Herzen" ist freilich ein seltsamer Vertreter der Erzähler vom Anfang der Welt. Er heißt nur "Hund". Sprachbegabt ist er zwar, als hätte es kein Babel gegeben, Menschisch spricht er ebenso wie Rättisch und Kätzisch. Aber er ist so gar kein göttliches Tier, nur ein kleiner, schmutziger Streuner, der es bislang schwer gehabt hat, sehr schwer sogar. Daher vermag er auch kaum zu glauben, dass er in der Scheune, bei dem Lottamädchen und dem Jungen, der Prinz Neumann heißt, tatsächlich ein Zuhause gefunden haben soll.

Aus Dankbarkeit erzählt er. Er erzählt vom Erfinder G. Ott und dessen Freund Lobkowitz, von einem Garten hinter einer Pforte und einem großen Buch, in das der Erfinder seine Werke einträgt: die Schöpfung. Doch die Schöpfungsgeschichte, deren Zeuge Hund wurde, ist eine traurig endende Geschichte: G. Ott und sein Freund Lobkowitz streiten sich über die wohl schwierigste aller Schöpfungen, über die "Abbilder". Ott wollen sie nicht recht gelingen, Lobkowitz legt im Überschwang letzte Hand an - aber gleich benehmen sich die fertigen Abbilder so aufdringlich, ungezogen und respektlos, dass Ott tief beleidigt ist und sie mitsamt seinem Freund für immer an die Luft setzt. Ein paar Ewigkeiten sind seitdem vergangen, Ott und Lobkowitz trauern beide dem Bruch hinterher - und daher hat Hund sich vorgenommen, den Garten zu verlassen, um sie wieder zusammenzuführen. (DER STANDARD, Printausgabe, 03./04.12.2005)