Durch die Möglichkeit zum Ausblenden von Werbeblöcken (Ad-Skipping) scheinen Werbung und digitale Videorekorder (DVR) für einander wie Hund und Katze zu sein. Diesen Eindruck täuscht, wie das US-Unternehmen TiVo und drei Mediaagenturen in den USA nun beweisen. Auch der Kabelriese Comcast ist mit an Bord. TiVo , in den USA populärster Anbieter von DVR und den entsprechenden TV-Services, testet gemeinsam mit Interpublic Media, OMD und Starcom MediaVest einen On-Demand-Dienst für TV-Werbung. Der Konsument kann damit TV-Werbung an seine individuellen Bedürfnisse und Interessen anpassen und die TV-Werbespots und Produktinformationen sehen, wann er es will.

personalisierte und regionalisierte Werbung

"Das geht genau in die Richtung, die wir schon angedacht haben", so Andrea Malgara, Geschäftsführerin Marketing & Research bei SevenOne Media, der Vermarktungstochter von ProSiebenSat.1. Malgara hat bereits im Juni positive Aspekte am Schreckgespenst digitaler Videorekorder (DVR) entdeckt. Dem Ad-Skipping steht demnach die Chance für neue TV-Werbeformen gegenüber. Durch die Rückkanalfähigkeit öffnet sich die Möglichkeit zum elektronischen Direct-Marketing. Das von TiVo getestete Modell sei vor allem für "hochwertige Produkte wie Autos oder Elektrogeräte sehr interessant". Der Kunde kann sich auf Abfrage ("On-Demand-Werbung") personalisierte und regionalisierte Werbung und auch ausführliche Werbefilme zu bestimmten Produkten ansehen. Wichtig bei einem derartigen Marketingmodell sei die Dialogfähigkeit mit dem Kunden wie sie z.B. über IPTV möglich ist, so Malgara. Grundsätzlich sei SevenOne Media an diesen neuen Möglichkeiten des TV-Marketings sehr interessiert. So biete die ProSiebenSat.1-Gruppe seinen Kunden auf dem VOD-Portal T-Vision bereits Werbemöglichkeiten an.

"Lineare Werbung"

Das Thema ist für das Münchner Unternehmen tvtv Services "alles in allem" interessant, so Marek Machacek, Sales & Marketing Manager bei tvtv Services. "Im Ausland ist man da schon viel weiter", so Machacek. Primär sei tvtv Services darauf spezialisiert einen "europaweiten Programmdatenservice" zu betreiben. Das schließe aber Werbung nicht aus. Zu konkreten Projekten und Plänen wollte Machacek keine Stellungnahme abgeben. Ein interessanter Bereich sei "Lineare Werbung". Damit ist Werbung gemeint, die direkt mit ausgestrahltem Content verbunden ist (z.B. "press the red button for more information"). ProSiebenSat.1 vermarktet demnach seit etwa drei Jahren Services wie "iText" oder "iCrawl" in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die Teletext mit Life-Content synchronisieren. Das sei in Zusammenarbeit mit tvtv entstanden. " Wir haben uns also schon in der Vergangenheit mit diesen Themen beschäftigt", betont Machacek. Allerdings sei die Kooperation zwischen Herstellern und Medienunternehmen wie im Fall von TiVo unerlässlich, um in Zukunft das Potenzial derartiger Werbeformate voll auszuschöpfe.

Orientierung an der Online-Suche

"Menschen, die traditionelles Fernsehen sehen, sind dazu gezwungen, Werbung nach dem Zufallsprinzip zu sehen - ohne Bezug auf die möglichen Kaufinteressen der Zuseher", erklärt TiVo-Chef Tom Rogers den Vorteil des Services gegenüber dem Wall Street Journal (WSJ). TiVo und seine Partner orientieren sich stark an der Online-Suche. Der Konsument kann aus einem Pool von TV-Werbespots und Produktinformationen nach Kategorien wie Autos, Reisen und dergleichen auswählen sowie Suchworte eingeben. Die Werber können ähnlich wie bei Google Keywords definieren, an denen sich die Suche orientiert. Die Übertragung der Werbefilme erfolgt via Breitband-Internet oder über das TV-Signal. Die TiVo-Rekorder speichern die ausgewählten Spots in einem eigenen Ordner auf der Festplatte des DVR.

"Kreatives Denken"

David Card, Analyst bei Jupiter Resarch, kann der Initiative von TiVo in seinem Blog einiges abgewinnen. Für Direct Response TV (DRTV) - z.B. Shopping-Kanäle - werden jährlich drei bis vier Mrd. Dollar ausgegeben. Die Konversionsrate bei Direct-Mail-Marketingvideos sei enorm hoch. Zudem sei die Beteiligung der genannten Mediaagenturen und des größten US-Kabelunternehmens sehr vielversprechend. Laut Erhebungen von Jupiter geben 40 Prozent der DVR-User an, Ad-Skipping meistens zu verwenden. Zwölf Prozent sagen demnach, dass sie überhaupt keine Werbung mehr ansehen. "Kreatives Denken" sei daher höchst angebracht, so Card. Lediglich die Orientierung an der Online-Suche hält Card für fragwürdig. Sprachsteuerung wäre eine Möglichkeit, aber Card favorisiert Werbelinks im digitalen Programmguide. (pte)