Sozialministerin Haubner hat einen neuen Plan für die Schwerarbeiter- Regelung geschmiedet

Wien - Nach den mäßig erfolgreichen Feldversuchen zur Schwerarbeiterregelung hat Sozialministerin Ursula Haubner (B) die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) um einen neuen Vorschlag gebeten. Dieses Modell liegt nun vor: Es soll zwar leichter administrierbar sein, berücksichtigt Schwerarbeit aber nur, wenn sie ab den 90er Jahren geleistet wurde. Während Arbeitnehmer und Opposition das PVA-Papier daher als "ungerecht" ablehnen, sieht es die Wirtschaftskammer als taugliche Variante. Haubner wollte den PVA-Vorschlag noch nicht kommentieren.

Die Schwerarbeiterregelung soll Personen, die unter besonders belastenden Bedingungen arbeiten, einen früheren Pensionsantritt ermöglichen. Laut PVA-Entwurf könnten sie mit 60 Jahren in Pension gehen und müssten dabei einen Abschlag von maximal neun Prozent hinnehmen. Von der im Pensionsgesetz vorgesehenen komplizierten Staffelung des Antrittsalters und der Abschläge je nach Schwerarbeits-Dauer ist man wieder abgegangen.

Wesentlichste Änderung

Die wesentlichste Änderung im der APA vorliegenden PVA-Papier betrifft jedoch die geforderten Schwerarbeitsjahre. Statt wie bisher zumindest 15 Jahre unter schweren Arbeitsbedingungen sollen künftig nur noch 7,5 Jahre nötig sein, um in Schwerarbeiterpension gehen zu dürfen. Diese müssen allerdings im letzten Drittel einer zumindest 45-jährigen Erwerbskarriere geleistet werden. Vor den 90er Jahren geleistete Schwerarbeitsjahre werden also nicht berücksichtigt. Die PVA begründet dies damit, dass Schwerarbeit in jüngeren Jahren "geringen Einfluss auf Krankheitsneigung und Lebenserwartung" habe.

Tatsächlicher Hintergrund dieser Änderung dürfte jedoch die mangelnde Administrierbarkeit der ursprünglichen Schwerarbeitspläne sein: Die so genannten Dienstzettel, auf dem bei jedem Arbeitnehmer die konkrete Tätigkeit vermerkt wird, wurden nämlich erst Anfang der 90er Jahre eingeführt. Sie sollen nun zum Nachweis der Schwerarbeit herangezogen werden.

Lob

Wirtschaftskammer-Generalsekretär Reinhold Mitterlehner (V) bezeichnete die von der PVA vorgelegte Schwerarbeiterregelung im Ö1-Morgenjournal denn auch als "leichter administrierbar" und "gerechter als alle bisher diskutierten Vorschläge". Weniger freundlich die Einschätzung der Arbeitnehmervertreter: ÖGB und Arbeiterkammer sprechen von einem "untauglichen" Vorschlag. Richard Leutner (S), leitender Sekretär im ÖGB, fordert einen gänzlichen Verzicht auf Abschläge für Schwerarbeiter.

Tadel

Auch für SP-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures ist die Schwerarbeiterregelung "ungerecht". Frauen könnten überhaupt nicht in Schwerarbeiterpension gehen, Schwerarbeit in jungen Jahren falle gänzlich unter den Tisch. Grünen-Sozialsprecher Karl Öllinger kritisiert, dass Langzeit-Schwerarbeiter nichts von der Regelung haben, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen nicht auf 45 Versicherungsjahre kommen. Er findet den "Krampf" um die Schwerarbeitsregelung "peinlich".

Grant

Seitens der Regierung war am Donnerstag keine Stellungnahme zu erhalten. Die zuständige Sozialministerin Haubner wollte das PVA-Papier ebenso wenig kommentieren wie ihr ÖVP-Gegenüber Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein (V). Dem Vernehmen nach ist Haubner sauer, weil der Vorschlag vorzeitig an die Öffentlichkeit gelangt ist. Für Unmut sorgt das Vorgehen der PVA aber offenbar auch auf Arbeitnehmerseite. ÖGB und AK hätten sich dem Vernehmen nach erwartet, von PVA-Obmann Karl Haas, einem SP-Gewerkschafter, rechtzeitig über das Papier informiert zu werden.

In Kraft treten

In Kraft treten soll die Schwerarbeiterpension 2007. Wirklich in Anspruch genommen wird sie aber bis zumindest 2010 kaum werden. Denn bis dahin können 60-jährige Männer und 55-jährige Frauen, wenn sie auf 45 bzw. 40 Versicherungsjahre kommen, auch gänzlich ohne oder zumindest mit geringeren Abschlägen in Pension gehen, als sie die Schwerarbeiterregelung vorsieht. Gegenüber der herkömmlichen Frühpension ab 62 ("Pensionskorridor") mit ihren 4,2-prozentigen Abschlägen pro Jahr ist die Hackler-Regelung aber immer noch vergleichsweise attraktiv.

Ob das PVA-Modell wirklich umgesetzt wird, ist noch unklar. Nötig wäre dafür jedenfalls eine Änderung des zur Pensions-Harmonisierung erlassenen Allgemeinen Pensionsgesetzes (APG). Bisher ist Haubner davon ausgegangen, die Causa ohne Gesetzesänderungen per Verordnung erledigen zu können. Weiterhin per Verordnung festgelegt werden müsste freilich die Definition von Schwerarbeit. Anerkannt werden könnten beispielsweise Tätigkeiten, bei denen in acht Stunden mehr als 2.000 Kalorien verbraucht werden (bei Frauen 1.400).