Wien - In der Debatte um einen Börsegang der Österreichischen Post AG 2006 droht die Gewerkschaft für kommenden Donnerstag mit einem Streikbeschluss. Nachdem der ÖIAG-Vorstand am Montag erneut einen Post-Börsegang im nächsten Jahr gefordert hat (derStandard.at berichtete ), werde der Zentralvorstand der Postgewerkschaft in seiner Sitzung am 1. Dezember "gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen" beschließen, sagte Post-Betriebsrat Martin Palensky am Dienstag zur APA.

Wenn die Regierung dann "den Post-Börsegang im Ministerrat" beschließen sollte, werde die Gewerkschaft unmittelbar mit Kampfmaßnahmen reagieren, droht Palensky. Der ÖGB habe dafür bereits seine Zustimmung signalisiert. Auch im Unternehmen würden sich nach einer bereits durchgeführten Mitarbeiterbefragung mehr als 90 Prozent der Belegschaft für gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen aussprechen und sich daran auch aktiv beteiligen.

Der Zentralvorstand ist mit mehr als 100 Gewerkschaftern aus dem gesamten Bundesgebiet das höchste Gremium der Post-Gewerkschaft und hat die Aufgabe, die konkreten Beschlüsse im Falle von Kampfmaßnahmen zu fassen.

"Verfrüht"

Die Gewerkschaft hält einen Börsegang vor den nächsten Nationalratswahlen im Oktober 2006 für verfrüht. Sowohl die geplanten Wachstumskonzepte, als auch die Auswirkungen der weiteren Marktliberalisierung und des neuen Postgesetzes ließen sich erst nach 2006 abschätzen. Sollte der Börsegang fehlschlagen, hätte dies schwerste Auswirkungen auf die Belegschaft, argumentiert die Gewerkschaft auch in einem Schreiben an sämtliche Regierungsmitglieder.

Der Vorstand der ÖIAG dagegen hatte der Regierung am Montag öffentlich empfohlen, "die Post zum raschest möglichen Zeitpunkt an die Börse zu bringen". Bedenken, dass ein Börsegang verfrüht sei, habe es auch in anderen Unternehmen - etwa bei der Telekom Austria - gegeben und hätten sich auch dort nicht bestätigt. Investoren würden es im Gegenteil schätzen, wenn sie einen möglichst langen Vorlauf bis zur nächsten Veränderung haben. Drei Jahre vor der Vollliberalisierung seien daher "ein guter Zeitpunkt, um mit der Post an die Börse zu gehen", glaubt man der ÖIAG.

Außerdem verwies der Vorstand der Staatsholding darauf, dass die Post zusätzliches Kapital für die geplante Expansion und den Aufbau eines neuen Logistik-Standbeins benötigen werde. Da die Republik das Geld dafür nicht bereit stellen werde, sei der Kapitalmarkt eine gute Möglichkeit, um neue Geldquellen zu erschließen, so die ÖIAG.

Vorerst kein Ministerratsbeschluss

Die Bundesregierung hält sich mit einem neuen Privatisierungsbeschluss im Ministerrat dennoch zurück. Wie berichtet, hieß es aus Regierungskreisen zuletzt, dass ein solcher Beschluss entgegen den bisherigen Plänen vor Weihnachten nicht mehr fallen werde. Auch in der Sitzung des ÖIAG-Aufsichtsrats am 16. Dezember wird es daher voraussichtlich noch keinen Beschluss für einen Börsegang geben.

Das erklärte auch der ÖIAG-Vorstand in einem Schreiben an die Gewerkschaft, in dem es heißt, dass die Staatsholding in ihrer Aufsichtsratssitzung im Dezember keinen Tagesordnungspunkt "Post-Börsegang" vorgesehen habe. Beschwichtigen lässt sich die Gewerkschaft dadurch aber nicht. Er könne sich "auf Grund der vorliegenden Fakten nicht vorstellen, dass der Zentralvorstand in Bezug auf bereits geplante Kampfmaßnahmen Entwarnung geben wird", so Palensky.

Laut ÖIAG-Vorstand Rainer Wieltsch wäre ein Post-Börsegang vor den Wahlen im Oktober 2006 auch dann noch möglich, wenn der Privatisierungsauftrag erst im nächsten Jahr erfolgt. Weil die Post ihr Rechnungswesen ohnehin verbessert habe, reichten mittlerweile vier bis sechs Monate als Vorbereitungszeitraum. (APA)