Wien - Die so genannten Ruhensbestimmungen für Beamte sind verfassungswidrig. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in einem Erkenntnis festgestellt, dass die Beamtenpension nicht gekürzt werden darf, wenn der Beamte vor seinem 65. Lebensjahr in den Ruhestand getreten ist und er neben seiner Pension auch noch ein Erwerbseinkommen bezieht.

Gültigkeit

Die Aufhebung gilt ab Kundmachung im Bundesgesetzblatt und hat laut einer Stellungnahme des VfGH gegenüber derStandard.at keinen rückwirkenden Charakter. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung verpflichtet.

Die Ruhegenüsse von Beamten stellen - wie der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach festgestellt hat - ein öffentlichrechtliches Entgelt dar. Sie haben nicht den Charakter einer Versorgungsleistung wie bei anderen Versicherten. Die 1997 eingeführte Kürzung dieses Entgelts allein auf Grund des Umstandes, dass neben der Pension ein Erwerbseinkommen bezogen wird, sei sachfremd und daher gleichheitswidrig, stellt der VfGH in seinem Erkenntnis fest.

Kürzung des Entgelts "gleichheitswidrig"

Der Verfassungsgerichtshof sieht in seinem Erkenntnis keinen Anlass, von seiner ständigen Rechtsprechung abzugehen, wonach die Ruhegenüsse von Beamten ein öffentlichrechtliches Entgelt sind und ihnen nicht der Charakter einer Versorgungsleistung zukommt. Deshalb erweise sich die bestehende Regelung, die eine Kürzung dieses Entgelts allein auf Grund des Umstandes vorsieht, dass neben der Pension ein Erwerbseinkommen bezogen wird, als "sachfremd und somit gleichheitswidrig".

Der VfGH verweist darauf, dass es sich beim Beamtendienstverhältnis um ein auf Lebenszeit angelegtes Rechtsverhältnis handelt, in dessen Rahmen auch der Ruhebezug eine Leistung ausschließlich des Dienstgebers darstellt. Die Beamtenpension unterscheide sich somit wesensmäßig von jenen Leistungen, die den Versicherten im Rahmen der gesetzlichen Pensionsversicherung gewährt werden. Die Verfassungsgerichtshof verweist dazu auch auf seine ständige Rechtsprechung, "der zu Folge es sich beim öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis und bei der Materie des Sozialversicherungswesens um tief greifend verschiedene Rechtsgebiete" handelt.

Argumentation der Regierung nicht nachvollziehbar

Nicht nachvollziehen können die Verfassungsrichter die Argumentation der Bundesregierung, wonach bis in die 70er Jahre die Aktivbezüge der Beamten niedriger gewesen seien als jene in der Privatwirtschaft und das damals bessere Pensionsrecht der Beamten ein Ausgleich sein sollte, seither jedoch die Beamtenbesoldung in vielen Bereichen die privatwirtschaftlichen Entgelte nicht nur eingeholt, sondern sogar überholt habe und deshalb etwas an den Beamtenpensionen geändert werden müsse.

Der VfGH bezeichnete es als "verfehlt", wenn die Regierung meint, dass die Beamtenpension den Charakter der nachträglichen Abgeltung von während der aktiven Dienstzeit erbrachten Dienstleistungen inzwischen zur Gänze eingebüßt und der nicht durch Pensionsbeiträge gedeckte "Teil der Pension... Versorgungscharakter" habe. Vielmehr bleibt der Verfassungsgerichtshof bei seiner in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass dem Ruhegenuss der Beamten "eben nicht der Charakter einer Versorgungsleistung zukommt".

Keine Auszahlung für Frühpension

Die nun vom VfGH aufgehobene Regelung sieht vor, dass ein Teil der Beamtenpension nicht ausgezahlt wird, wenn der Beamte vor dem 65. Lebensjahr in den Ruhestand tritt und daneben noch ein Erwerbseinkommen hat. Je nach Höhe des Gesamteinkommens ruhen demnach bis zu 50 Prozent der Einkünfte. Der Ruhensbetrag darf aber weder 50 Prozent der Vollpension noch das Erwerbseinkommen überschreiten. Mit Ablauf des 65. Lebensjahres darf der Beamte wieder dazuverdienen, ohne dass die Ruhensbestimmungen zum Tragen kommen.

GÖD sieht sich bestätigt

Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) fühlt sich durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, wonach die so genannten Ruhensbestimmungen für Beamte verfassungswidrig sind, bestätigt. Wie der Sprecher der GÖD, Hermann Feiner, auf Anfrage der APA erklärte, hätten die Verfassungsrichter damit die Auffassung der Gewerkschaft bekräftigt, wonach ein öffentlichrechtliches Dienstverhältnis andere Wesensmerkmale aufweise als ein privatrechtliches.

Kläger erhalten "Ergreiferprämie"

Gegenüber derStandard.at erklärte Feiner, dass im Sinne einer "Ergreiferprämie" diejenigen, die Beschwerde geführt haben, nun Anspruch auf Rückzahlung jener Beträge haben, um die sie sich geschädigt fühlen. Für alle übrigen, die nicht geklagt haben, gilt die entsprechende Verordnung der Bundesregierung pro futuro, ab dem Zeitpunkt der Verordnung der Bundesregierung. (APA/red)