Elmar Brok: Sollte sich bestätigen, dass Rumänien mit der CIA kooperiert habe, werde man auch den "Beitritt zur Europäischen Union Anfang 2007 trotz aller Verträge noch einmal zur Diskussion stellen".

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Straßburg/Berlin/ Bukarest/Istanbul - Die Affäre um angebliche US- Geheimgefängnisse in Europa könnte politische Konsequenzen für den EU-Beitrittskandidaten Rumänien haben. Das deutete der außenpolitische Sprecher der christlich-konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Elmar Brok, in einem Zeitungsinterview an. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich besorgt über die Berichte.

"Beitritt zur Diskussion stellen"

Sollte sich bestätigen, dass Rumänien in dieser "ungesetzlichen und unmenschlichen Weise" mit der CIA kooperiert habe, werde man auch den "Beitritt zur Europäischen Union Anfang 2007 trotz aller Verträge noch einmal zur Diskussion stellen", sagte Brok der in Potsdam erscheinenden "Märkischen Allgemeinen". "Das, was zu lesen ist, gäbe in der Tat Anlass zu Besorgnis", sagte Steinmeier, der nächste Woche zu seinem Antrittsbesuch in die USA fliegen soll, der "Bild am Sonntag" laut Vorabbericht.

Als Außenminister müsse er Fakten bewerten, keine Zeitungsberichte. Deshalb sei es gut, dass der britische Außenminister Jack Straw die USA im Namen der Europäischen Union (EU) offiziell um Aufklärung bitten werde. Nach Informationen der "Märkischen Allgemeinen" bestätigt eine am Freitag aufgetauchte Liste von bisher ungeklärten Flugbewegungen, dass es in letzter Zeit mehrmals Flüge von Kabul in Afghanistan und dem US-Stützpunkt Guantanamo auf Kuba nach Rumänien und Polen gegeben habe.

"Guantanamo-ähnliches Gefangenenlager"

Nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" gab es noch in diesem Jahr weitaus mehr geheime CIA-Flüge in Europa gegeben als bisher bekannt. Danach sind in diesem Jahr als zivile Maschinen getarnte CIA-Flugzeuge bis Ende September mindestens 15 Mal auf europäischen Flughäfen gelandet.

Über ein "Guantanamo-ähnliches Gefangenenlager" der Amerikaner im Kosovo berichtete die französische Tageszeitung "Le Monde" (Samstag). Die Zeitung berief sich dabei auf Angaben des Menschenrechtsbeauftragten des Europarates, Alvaro Gil Robles, der den US-Stützpunkt Camp Bondsteel südlich von Pristina im September 2002 besucht hatte. Dort habe er "etwa 15 bis 20 Gefangene in orangefarbenen Anzügen wie in Guantanamo" gesehen, wurde Gil Robles zitiert, der sich "schockiert" über die Zustände geäußert habe.

Satellitenbilder

Der Europarat will möglichen US-Geheimgefängnissen in Europa mit Hilfe von Satellitenbildern auf die Spur kommen. Das geht aus einem Bericht des Schweizer Liberalen Dick Marty hervor, den der Rechtsausschussvorsitzende des Europarates am Freitag in Bukarest vorstellte. Anhand der Aufnahmen könne festgestellt werden, ob von Anfang 2002 bis heute an den von der amerikanischen Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch angegebenen Stellen in Rumänien und Polen Gefängnisse auf- oder abgebaut wurden.

Ex-Präsident Iliescu schließt Geheimgefängnisse aus

In der Debatte über angebliche CIA-Geheimgefängnisse in Osteuropa hat der ehemalige rumänische Staatspräsident Ion Iliescu kategorisch ausgeschlossen, dass Gefangene ohne Wissen der Behörden seines Landes in Rumänien untergebracht wurden. "Eine solche Vermutung ist von vornherein ausgeschlossen", erklärte Iliescu am Samstag in Bukarest.

Er reagierte damit auf eine Aussage des vom Europarat eingesetzten Schweizer Berichterstatters Dick Marty. Dieser hatte gesagt, es sei möglich, dass die betroffenen Regierungen nichts über die Existenz der US-Geheimdienstgefängnisse in ihren Ländern wussten.

Nach Iliescus Worten hatte Rumänien den USA lediglich erlaubt, den Militärflughafen Kogalniceanu im Süden des Landes zu benutzen. Dort sollen nach Angaben Martys geheime Verhöre von Gefangenen stattgefunden haben.

Washington steht mittlerweile unter dem wachsendem Druck, seine Geheimdienstaktivitäten in Europa offenzulegen. Berichte über angebliche CIA-Flüge kamen bisher unter anderem aus Deutschland, Finnland, Mazedonien, Portugal sowie aus der Türkei. Am Freitag hatte der Europarat die EU, die UNO und die NATO zur Zusammenarbeit bei den Nachforschungen über mutmaßliche Gefangenentransporte und geheime Gefängnisse des CIA in Europa aufgefordert

(APA/dpa)