Wien - In den vergangenen Jahren wurde die stille Zeit zum Jahresende immer durch Hilferufe aus dem Wissenschaftsfonds FWF gestört. Ohne zusätzliche Mittel könne nicht mehr gefördert werden, hieß es sinngemäß. Heuer ist das anders. "Wir sind im Grünen Bereich - durch Brutalität", erklärte der neue FWF-Präsident Christoph Kratky im Gespräch mit der APA. Denn zwei von drei Wissenschaftern, die sich vom FWF Förderung für ihr Forschungsprojekt erhoffen, schauen durch die Finger.

"Wir wollten nicht mehr am Jahresende den nationalen Notstand ausrufen." Während früher oft im November nicht klar war, wieviel Geld dem FWF zur Verfügung stehe, habe man heuer sehr früh das Budget - rund 111 Mio. Euro - gewusst und konnte sich bei der Quote der angenommenen Projektanträge darauf einstellen. "Diese Annahmequote hätten wir aber gerne besser", so Kratky.

Optimimismus

Der seit Herbst amtierende neue FWF-Chef ist optimistisch, dass dies gelingen wird. Er habe "starke Signale" seitens der Politik, dass der FWF mehr Geld benötige. Diese habe verstanden, dass eine so hohe Ablehnungsrate abschreckend wirke und Forscher nach mehrmaligen erfolglosen Anträgen aufgeben würden. Dies erfährt Kratky, der derzeit durch alle österreichischen Unis tourt, auch im direkten Kontakt mit Wissenschaftern. "Oft sagen mir Leute, es habe gar keinen Sinn mehr etwas zu beantragen." Dem widerspricht der FWF-Präsident aber: "Es ist ein sehr kompetitives Verfahren, aber es ist nicht gar kein Geld da."

Hoffnung auf eine Verbesserung der budgetären Ausstattung macht sich Kratky auch, weil man nun mit den Rektoren gemeinsam an einem Strang ziehe. Und geholfen habe die Diskussion um die geplante Elite-Uni "Austrian Institute für Advanced Science" (AIAST). Nicht nur weil immer betont wurde, dass mit deren Einrichtung das FWF-Budget aufgestockt werden müsse, sondern auch, weil damit das Thema Exzellenz in der Wissenschaft massiv in Diskussion gekommen sei, das für den FWF das entscheidende Kriterium sei.

Genehmigt

Noch höhere Ablehnungsraten als bei den Einzelprojekten hat der FWF bei den Schwerpunktprogrammen. Heuer wurden laut Kratky 35 Spezialforschungsbereiche, Nationale Forschungsnetze und Doktoratskollegs mit einem Volumen von insgesamt 110 Mio. Euro beantragt. Genehmigt werden konnten schließlich nur fünf derartige Schwerpunkte mit einem Volumen von zehn Mio. Euro.

Dabei erwartet sich Kratky vor allem im Bereich der Doktoratskollegs in den nächsten Jahren ein enormes Wachstum. Die Doktorandenausbildung sei ein Teil der Grundlagenforschung, der bisher nicht ausreichend Beachtung gefunden habe, ist der FWF-Chef überzeugt. So plant alleine die Uni Wien die Einrichtung von zwölf Doktoratsprogrammen. Derzeit gibt es erst fünf solcher Graduiertenschulen, Raum wäre in Österreich "locker für rund 50". Für Kratky sind diese Doktoratskollegs nicht nur forschungspolitisch interessant, sondern auch für die Profilbildung der einzelnen Universitäten.

>>> Förderung von fünf Schwerpunkt-Programmen beschlossen

Ein Spezialforschungsbereich (SFB), zwei Nationale Forschungsnetze (NFN) und zwei Doktoratskollegs (DK) werden in den nächsten drei bis vier Jahren mit insgesamt knapp zehn Mio. Euro gefördert.

Wie Kratky betonte, entspricht das durchschnittliche Fördervolumen für einen Forschungs-Schwerpunkt über die gesamte Laufzeit in etwa dem von 30 bis 40 Einzelprojekten. "Da ist es klar, dass wir extrem hohe Anforderungen an die beantragten Vorhaben stellen müssen, und die ausgewählten entsprechen den absolut höchsten Standards", sagte Kratky.

Spezialforschungsbereiche (SFB) sind für zehn Jahre konzipiert (Zwischenbegutachtungen nach vier und sieben Jahren) und haben ein durchschnittliches Fördervolumen von einer Mio. Euro pro Jahr. Diese eng vernetzten Großprojekte - derzeit gibt es 15 davon - sollen "centers of excellence" an einem Standort bilden. Im Gegensatz dazu sind NFN für sechs Jahre konzipiert (Zwischenbegutachtung nach drei Jahren), haben ein durchschnittliches Fördervolumen von 500.000 Euro pro Jahr und sind in der Regel über mehrere Forschungsstandorte in Österreich verteilt - mit den zwei neuen sind das derzeit zehn. DK sind Ausbildungszentren für den hoch qualifizierten akademischen Nachwuchs, bei denen sich mehrere Wissenschafter zusammenschließen, um Doktoranden auszubilden. Mit den zwei neuen DK gibt es erst fünf derartige Graduiertenschulen.

>>> Die Schwerpunkt-Programme im Detail

Der SFB "Jak-Stat Signalling: From Basic to Disease" ist der erste SFB an der Veterinärmedizinischen Universität Wien (VUW). Unter der Führung des VUW-Genetikers Mathias Müller kooperieren hier Universität Wien, Medizin-Universität Wien, Institut für Molekulare Pathologie (IMP) und Ludwig Boltzmann-Institut für Krebsforschung. Für die ersten vier Jahre stehen 3,3 Mio. Euro zur Verfügung. Die Wissenschafter wollen sich dabei einem Übertragungsweg für Signale innerhalb von Zellen widmen, dessen Störungen mit Krankheiten wie Entzündungen oder Krebs in Verbindung stehen. Die VUW stellt noch einmal zwanzig Prozent der Fördersumme jener Projektteile, die an der Vetmed angesiedelt sind, für einen weiteren Ausbau und Vertiefung zur Verfügung.

Das mathematische NFN "Analytische Kombinatorik und Probabilistische Zahlentheorie" umfasst zehn Teilprojekte, die von insgesamt 18 Wissenschaftern an den Technischen Universitäten (TU) Wien und Graz, den Universitäten Wien, Linz und Salzburg sowie der Montanuni Leoben betreut werden. Dem Netzwerk unter der Führung von Michael Drmota von der TU Wien stehen für vorerst drei Jahre 2,3 Mio. Euro zur Verfügung.

Im Bereich organische Elektronik bewegt sich das NFN "Interface controlled and functionalized organic films", das unter der Koordination von Helmut Sitter an der Universität Linz verankert ist und an dem u.a. die TU Graz, die Uni Graz und die Montanuni beteiligt sind. Ziel ist es, die fundamentalen Prozesse bei der Herstellung von organisch dünnen Filmen zu verstehen, welche die elementaren Bausteine für Bauelemente wie Solarzellen oder chemische Sensoren bilden.

Das DK "Moleculare Bioanalytic: From Recognition to Membrane Transport" wird von mehreren Instituten der Uni Linz, dem Radon-Institut für Numerische und Angewandte Mathematik der Akademie der Wissenschaften in Linz und der Upper Austrian Research GmbH getragen. Ziel der von Peter Pohl koordinierten Doktorandenausbildung, die für vorerst drei Jahre 1,5 Mio. Euro erhält, ist die Klärung der Frage, wie Moleküle an Membranoberflächen erkannt und durch Membranproteine geschleust werden.

Eng mit Graduiertenkollegs aus Deutschland und der Schweiz arbeitet das DK "Hadronen im Vakuum, in Kernen und in Sternen" an der Universität Graz (Sprecher: Reinhard Alkhofer) zusammen, das für drei Jahre 800.000 Euro erhält. Hadronen sind Teilchen, die aus Quarks aufgebaut sind, etwa die Bestandteile des Atomkerns Protonen und Neutronen, und der starken Wechselwirkung unterliegen. (APA)