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Es sei völlig unverständlich, wie ein angeblicher Umweltminister diesem Gesetz, das den Namen "Umweltzer­störungsgesetz" verdiene, zustimmen könne, so Grün-Vize Glawischnig

Foto: APA/Artinger
Wien - Wirtschaftsminister Martin Bartenstein hat die nach einer langen Verhandlugsnacht erzielte Einigung in Sachen Ökostromförderung begrüßt. Das Ergebnis sei "ein guter Kompromiss", der den Ausbau des Ökostroms bis 2011 sichere und gleichzeitig eine Deckelung der Kosten und damit eine Entlastung für die Industrie bedeute, erklärt Bartenstein in einer ersten Reaktion.

Das Ökostromgesetz werde durch die vorgesehenen Deckelungen der künftigen Förderungen einen effizienten Einsatz der Mittel zur Folge haben. Es schaffe damit "die Voraussetzung, den Ökostrom kontinuierlich an die Marktreife heranzuführen".

Pröll spricht von "klarer Perspektive"

Landwirtschafts- und Umweltminister Josef Pröll äußert sich ebenfalls positiv. Durch das festgelegte 10-Prozent-Ziel für Ökostrom sei "eine klare Perspektive für die heimische Ökostromentwicklung gegeben". Zudem wichtig sei, so Pröll, dass ein Unterstützungsvolumen von 1. Mrd. Euro bis 2010 gesichert wurde. Wichtige Punkte der Regierungsvorlage seien damit endlich auch im Parlament umgesetzt worden. Ziel müsse es nun sein, rasch eine Festlegung der Einspeisetarife herbeizuführen, so Pröll abschließend.

Industrie zufrieden

Zufrieden zeigte sich auch die Industriellenvereinigung (IV). "Mit der Novelle soll im Interesse der Zahler endlich ein wirksamer und administrierbarer Deckel des Fördervolumens für neue Ökostrom-Projekte eingeführt werden", so IV-Vize-Generalsekretär Peter Koren. Die "Überförderung" in den vergangenen Jahren sei aber "ein Sündenfall" gewesen. Diese habe "zu einer Explosion der Kosten geführt". Von einer empfindlichen Kürzung der Förderung könne aber auch nach der Novelle keine Rede sein, "weil die bereits genehmigten Ökostromanlagen ohnedies von allen Stromkunden ausfinanziert werden müssen und damit für einige Industriebetriebe die Grenze der Finanzierbarkeit überschritten wurde".

Lob kommt auch vom ÖVP-Wirtschaftsbund. Laut ÖVP-Energie- und Umweltsprecher Karlheinz Kopf wurde ein guter Kompromiss zwischen der Unterstützung von Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und der Eindämmung der Kostensteigerungen sowie der Sicherung des Wirtschaftsstandortes erzielt. Der Schwerpunkt werde künftig auf die Förderung jener Ökostromarten gelegt werden, die für den Standort sinnvoll sind.

Bis zuletzt hatte es innerhalb der ÖVP ein Tauziehen um die künftige Regelung gegeben. Die Vertreter aus Industrie und Wirtschaft waren um günstigere Energiepreise bemüht, während die Landwirte möglichst geringe Kürzungen wollten. Viele Bauern haben sich durch die Energieerzeugung aus Biomasse ein zweites Standbein geschaffen.

Verbund begrüßt mehr Rechtssicherheit

Der Verbund begrüßt die Dreiparteieneinigung: Besonders wichtig seien neben der Erhöhung der Mittel, dass "nun Rechtssicherheit für alle - nämlich bestehende und zukünftige - Betreiber von Ökostrom-Anlagen sowie für die Abwicklung der Fördergelder einkehren kann", heißt es in einer Verbund-Aussendung am Freitag.

Durch die künftig vorgesehene, zentrale bundesweite Abwicklungsstelle könnten Rechtsunsicherheiten und Abwicklungsprobleme ausgeräumt werden, zudem sei vom neuen Gesetz "ein wichtiger Impuls für den Wasserkraftausbau" zu erwarten.

Durch die neue Regelung würden nun auch mittlere Wasserkraftwerke mit einer Jahreserzeugung von 50 bis 100 Mio. kWh Jahreserzeugung förderungswürdig, wodurch sich die Effizienz erhöhe. Eine Ausdehnung der Förderung auf mittlere Wasserkraftwerke habe der Verbund mehrfach angeregt.

Ökostrom-Novelle ist "Umweltzerstörungsgesetz"

Heftige Kritik kam von den Grünen und den Umweltschutzorganisationen. Die neue Ökostrom-Regelung sei ein "massiver Angriff auf den Naturschutz und ein massiver Rückschritt beim Klimaschutz in Österreich. Die Grünen werden alles unternehmen, um dies noch zu verhindern, betonte die stellvertretende Bundes- und Umweltsprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, am Freitag bei einem Pressegespräch.

Es sei völlig unverständlich, wie ein angeblicher Umweltminister diesem Gesetz, das den Namen "Umweltzerstörungsgesetz" verdient, zustimmen kann, so Glawischnig. Die SPÖ habe "glatten Wortbruch" begangen. Alfred Gusenbauer habe noch im Dezember 2004 versichert, die SPÖ werde niemals Kürzungen für die Erneuerbare Energie zustimmen. Jetzt wolle die SPÖ einem Gesetz zustimmen, das die Förderungen für Ökostromanlagen um 80 Prozent kürzt. Neben einer massiven Verschlechterung der Rahmenbedingungen für Ökostromanlagen würden durch die Gesetzesnovelle auch Tausende von Arbeitsplätze, die durch forcierten Ökostrom-Ausbau entstehen würden, vernichtet. "Zukunftsorientierte Arbeitsplätze könne man damit die Donau runterschütten", so Glawischnig.

Die Ökostrom-Einigung zwischen Regierungsparteien und SPÖ biete bei der Umweltpolitik bereits einen Vorgeschmack auf eine große Koalition.

Grüne Kritik aus Oberösterreich

Oberösterreichs grüner Umweltlandesrat Rudi Anschober hat sich über die Lösung "empört" gezeigt. Mit den neuen Förderungen werde ein möglicher Ausbauboom verhindert, kritisierte er in einer Presseaussendung.

Anschober sprach von einem "schwarz-roten Umweltdesaster" und einem "Ökostromverhinderungsgesetz", das Klimaschutz und tausende Arbeitsplätze in der Umweltwirtschaft gefährde. Damit sei "auf längere Zeit eine historische Chance verspielt" worden. "Wir haben der Bundesregierung konstruktive Vorschläge gemacht", betonte der Landesrat. Daher müsse der nun vorliegende Beschluss als "fahrlässig und mutwillig" bezeichnet werden.

Sargnagel für Energiewende

Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 bezeichnet den Ökostrom-Deal zwischen SP und VP als "Sargnagel" für die längst überfällige Energiewende in Österreich. Der fatale Kompromiss werde den Konsument und Konsumentinnen höhere Kosten bescheren und den Ausbau von Windkraft, Sonnenenergie und Biomasse bremsen. Österreich habe sich gegenüber der EU verpflichtet, bis zum Jahr 2010 78,1 Prozent an Erneuerbarer Energie im Strommix zu haben. Wird der jetzt auf dem Tisch liegende Kompromiss umgesetzt, könne dieses Ziel nicht mehr erreicht werden, kritisiert Silva Herrmann, Energiereferentin von GLOBAL 2000.

Stattdessen drohen Rechtsunsicherheit für die Betreiber von Ökostromanlagen und drastisch gekürzte Budgets für Ökoenergie. Die SP habe sich über den Tisch ziehen lassen. Die Förderung von Kraftwerken der mittleren Wasserkraft berge große Probleme im Hinblick auf EU-Recht. Kippt die EU die Wasserkraftförderung, werde die SP am Ende mit leeren Händen da stehen, so Herrmann.

Weniger Ökostrom um's gleiche Geld

Die Stromkunden bekommen nach der gestrigen ÖVP-SPÖ-Einigung für das gleiche Geld weniger Ökostrom als davor, so der Greenpeace-Energieexperte Erwin Mayer in einer ersten Reaktion. ÖVP und SPÖ haben für ihre jeweilige Klientel ein Körberlgeld herausverhandelt. Bis 2010 soll es laut Einigung 10 Prozent Ökostromanteil gemessen an der öffentlichen Abgabe geben. Das entspreche rund 8 Prozent am Gesamtstromverbrauch. Diese 8 Prozent werden ohnedies mit den bereits jetzt genehmigten Anlagen erreicht. Das EU-Ziel von 78 Prozent Strom aus Erneuerbarer Energie inklusive Großwasserkraft bis 2010 gemessen am Gesamtverbrauch könne damit definitiv nicht erreicht werden.

Kritik auch von Eurosolar

Der Verein Eurosolar Austria, der Unternehmen im Bereich erneuerbare Energien vertritt, kritisierte am Freitag die zwischen ÖVP, SPÖ und freiheitlichem Klub vereinbarte Lösung zum Thema Ökostrom. Die Einigung bedeute eine "große Verschlechterung" der Investitionsbedingungen der Unternehmen - "und das gerade zu einem Zeitpunkt, in dem die Energiewende in Gang kommen sollte", sagte Fritz Binder-Kieglstein, Vorstand der Interessensvereinigung am Freitag zur APA.

In der EU stehe zudem noch eine Beihilfenentscheidung zum Thema Ökostrom aus, die die getroffenen Vereinbarungen teilweise gegenstandslos machen könnte. "Ich verstehe daher nicht, warum man die Neuregelung übers Knie brechen muss", sagte der Interessenvertreter.

Prinzhorn warnt vor "Verwässerung"

Thomas Prinzhorn, Industrie- und Finanzsprecher im Freiheitlichen Parlamentsklub, fordert nun eine rasche Umsetzung der Ökostrom-Novelle, die "notwendige Reparatur" des Gesetzes dürfe keinesfalls durch "Druck der Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) verwässert werden". "Eine Reparatur der bestehenden Gesetzeslage ist schon allein deshalb notwendig, weil derzeit wirtschaftliche Grundsätze außer Acht gelassen und die Errichtung und der Betrieb von ineffizienten Anlagen auf Kosten der Steuerzahler übermäßig gefördert wird, so Prinzhorn. (APA)