Manfred Pinterits, Schulinspektor für den 15. Bezirk, zum Anteil von ausländischen SchülerInnen und Kindern mit nicht-deutscher Muttersprache in Wien: "Man muss diese Zahlen tatsächlich auch von der Begrifflichkeit her anschauen".

Foto: Standard/Corn

"Man muss diese Zahlen tatsächlich auch von der Begrifflichkeit her anschauen. Kinder mit anderen Muttersprachen bedeutet ganz einfach, dass deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Das sagt absolut nichts aus über ihre Qualitäten im Beherrschen von Deutsch. Der Begriff ausländische Kinder sagt aus, dass die Kinder Angehörige einer anderen Nation sind. Die beiden Dinge sind unterschiedlich und differieren auch ganz stark", erklärt Manfred Pinterits, Schulinspektor für den 15. Bezirk, im Gespräch mit derStandard.at/Schule. Das seien zwei wertfreie Kategorien. Er bezieht sich dabei auf die Zahlen von 2002/03, die den Anteil von SchülerInnen mit nicht-deutscher Muttersprache beziehungsweise von ausländischen SchülerInnen verteilt auf die Wiener Gemeindebezirke zeigen.

"Zahlen werden benutzt, wie sie gebraucht werden"

Der Stadtschulrat wollte auf Anfrage von derStandard.at/Schule keine Zahlen zu der Verteilung der SchülerInnen mit nicht-deutscher Muttersprache in den Wiener Gemeindebezirken nennen. Pinterits begründet das so: "Die Qualitätsdiskussion wird uns permanent hereingetragen. Daher gab es auch diese Vorsichtigkeit mit dem Herausgeben von Zahlen, weil die oft benützt werden, wie sie gerade gebraucht werden."

Im fünften und sechzehnten Bezirk hatten laut derStandard.at vorliegenden Daten der Statistik Austria 2002/03 jeweils über 70 Prozent der VolksschülerInnen nicht Deutsch als Muttersprache, im fünfzehnten Bezirk waren es 67 Prozent. Laut Pinterts korrespondierten die Anteile von Kindern mit anderen Muttersprachen in bestimmten Bereichen auch mit der sozialen Befindlichkeit der Kinder: "Schulen mit geringerem Ansehen haben auch mehr Kinder, die aus "schlechteren" Schichten kommen. Und da die ausländischen Menschen in der Stadt dem niedrigsten Rang in der sozialen Skala angehören, sind sie dort eben stärker vertreten."

Unterschied bei Deutschkenntnissen

"Ein Kind, das in die Volksschule kommt, hatte vielleicht schon im vorschulischen Bereich die Möglichkeit sich mit Deutsch zu bewegen. Wir führen in zwei Jahren das Kind an das heran, was dann für den Lehrplan und damit für das Bestehen an der Schule notwendig ist", so Pinterits. Man müsse auch unterscheiden zwischen Deutschkenntnissen, wie sie in der Sprachenoffensive für diverse fremdenpolizeiliche Anforderungen gefordert werden und Deutschkenntnissen, die notwendig sind, um in der Schule zu bestehen. Erstere seien zur Beherrschung der Alltagskompetenz notwendig, damit bestehe man aber noch nicht Geografie und Biologie. Die Aufgabe der Schule sei eine viel vielfältigere.

"Ein pädagogisches Unding"

Zur Einführung der so genannten Bildungsschecks für Kinder, die bereits vor Schulbeginn Deutschkurse erhalten sollen, sagt Pinterits: "Ich finde es gut das zu nutzen, dass die Kinder in einem frühen Alter ganz natürlich lernen können, auch bei der Sprache. Ich finde es aber einen Unsinn, wie es derzeit gemacht werden soll. Die Vorstellung solche Kurse mit Fünfjährigen zu machen, das ist ein pädagogisches Unding. Jede Verpflichtung ist eine ganz schlechte pädagogische Kategorie." Besser sei es, Möglichkeiten zu bieten, wie man im Kindergarten ganz integrativ dieses "Sprachesprechen" nutzen kann. Sprache könne man nur lernen, wenn man sie auch spricht. "Darauf aufzubauen, wenn die Kinder ihre Muttersprache beherrschen, das ist ein völlig richtiger Weg", ist für Pinterts klar.

Wenig Zulauf zu BMS und BHS

Weniger als die Hälfe aller Jugendlichen mit Hauptschulabschluss, die nicht Deutsch als Muttersprache haben, besuchen laut den Daten von 2002/03 danach eine berufsbildende mittlere oder höhere Schule. Daraus stellt sich die Frage ob von diesen Jugendlichen viele nach der Hauptschule keine schulische Ausbildung mehr machen. Pinterits erklärt, dass ein Teil dieser Jugendlichen die Hauptschule besucht, "weil er noch Sorgen mit der Sprache hat". Für diese würde es sicher auch schwieriger sein, sich in weiterführende Schulen zu bewegen. "Das Zweite ist, dass der Einstieg in die Berufswelt für diese Gruppen aus dieser Schicht natürlich auch wichtig ist und nicht noch eine weiterführende Schule. Das wird schon damit zu tun haben, dass ein zusätzlicher Verdiener in der Familie geschätzt wird."

Anteil in AHS im Steigen

Schulinspektor Pinterits hält aber auch fest, dass die Zahl der Kinder mit anderen Muttersprachen, die nach der Volksschule in die AHS übertreten, stetig steige, obwohl er nicht so hoch sei wie der Anteil jener Kinder mit deutscher Muttersprache. 40 bis 45 Prozent der Kinder mit nicht deutscher Muttersprache besuchen nach der Volksschule eine AHS.