Wien - Sozialministerin Ursula Haubner (B) will die Situation von pflegenden Angehörigen verbessern. Das ist die Konsequenz aus einer Studie, die Haubner gemeinsam mit ihrem Staatssekretär Sigisbert Dolinschek am Donnerstag in einer Pressekonferenz präsentiert hat. Ob es im neuen Jahr zu einer Valorisierung des Pflegegeldes kommen wird, ließ Haubner offen. Das "werden die Verhandlungen zeigen". Am System des Pflegegeldes will sie nichts verändern. Forderungen nach einer Einführung einer Pflegeversicherung wies sie zurück: Diese Frage "stellt sich nicht".

79 Prozent der pflegenden Angehörigen weiblich

Mehr als 80 Prozent der pflegebedürftigen Menschen werden zu Hause, entweder alleine durch Angehörige oder zusammen mit sozialen Diensten, gepflegt. 79 Prozent der pflegenden Angehörigen sind weiblich, sie sind durchschnittlich 58 Jahre alt. 40 Prozent aller Betreuungsleistungen werden von der/dem Ehe- bzw. Lebenspartner/in erbracht, mehr als ein Viertel von Kindern (vor allem Töchtern) für ihre Eltern. Das geht aus der im November und Dezember des Vorjahres vom Bundesinstitut für Gesundheitswesen (ÖBIG) durchgeführten Umfrage unter pflegenden Angehörigen hervor.

Rolle des Pflegegeldes

30 Prozent aller Betreuungspersonen gehen einer bezahlten Erwerbstätigkeit nach. Knapp die Hälfte (47 Prozent) verfügt entweder über kein eigenes Einkommen oder nur über ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen bis 700 Euro. Haubner zieht daraus den Schluss, dass das Pflegegeld für eine qualitätsvolle Pflege besonders wichtig sei. 58 Prozent der Betreuungspersonen geben auch an, dass die Pflege zu Hause erst durch das Pflegegeld möglich sei.

Mobile Dienste werden nur in einem Viertel der Fälle in Anspruch genommen. Als die beiden häufigsten Grüne, warum sie nicht ausreichend oder gar nicht genutzt werden, nennen die Betroffenen eine grundsätzlich ablehnende Haltung (48 Prozent), weil das vielfach als Eindringen in die Privatsphäre empfunden wird, sowie das Scheitern an der Finanzierbarkeit (42 Prozent).

Beratung, Begleitung oder Unterstützung

Eine zusätzliche qualitative Erhebung bei Selbsthilfegruppen und Vereinen hat ergeben, dass es für pflegende Angehörige zu wenig Angebote in Form von Beratung, Begleitung oder Unterstützung gibt. Die allgemeine Situation der pflegenden Angehörigen wird psychisch wie auch physisch als sehr belastend und schwer angegeben, da die Pflegesituation meist völlig unvorbereitet auf die Angehörigen zukommt.

Aufgestockter "Pool von Fachkräften"

Als Konsequenz daraus hat Haubner bereits die Qualitätssicherung verbessert. Ein "Pool von Fachkräften" soll die pflegenden Angehörigen unterstützen und beraten. Derzeit führen dazu rund 50 Fachkräfte Hausbesuche bei PflegegeldbezieherInnen ab Stufe drei durch. Dieser Pool soll noch personell aufgestockt werden. Zudem will die Sozialministerin berechnen lassen, was es kosten würde, den derzeit als Pilotprojekt in der Steiermark geführten Pflegescheck flächendeckend einzuführen.

Pflegetelefon

Als Verbesserung vor allem für Frauen, wird ab 1. Jänner die Möglichkeit einer begünstigten Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege naher Angehöriger ab der Pflegestufe drei bestehen. Zum Thema Information verwies Haubner auf das Pflegetelefon, wo man unter der Nummer 0800 201622 kostenlose Beratung bekommen kann.

Dolinschek schlug vor, dass arbeitslose ÄrztInnen und JungmedizinerInnen als medizinisches Personal in Pflegeheimen eingesetzt werden sollten. Bei der Einstufung für das Pflegegeld sollte nach Auffassung des Staatssekretärs das Pflegepersonal mitreden können. Zudem plädierte er für einen Ausbau der mobilen Dienste. (APA)