Rassismus-Vorwurf
Gegen den Anwalt wurde ein so genanntes Tagebuch wegen des Verdachts der Verleumdung angelegt. Vorerhebungen laufen. Binder hatte in einem Interview unter anderem erklärt, in den Operation Spring-Verfahren wäre "vom rassistischen Gehabe von vornherein geplant gewesen, sie (die Angeklagten, Anm.) zu verurteilen." Die Polizei habe "die Justiz übernommen", die Richter wären "in Wirklichkeit nur mehr das Anhängsel der Polizei". Binder wurde deswegen auch bei der Rechtsanwaltskammer angezeigt, so dass sich der Disziplinarsenat mit ihm befassen muss.
Mögliche Falschaussage
Binder hatte bereits am 38. Verhandlungstag Richter Wilhelm Mende wegen Befangenheit abgelehnt, weil ihm Informationen vorlägen, wonach dieser, ein Staatsanwalt und eine U-Richterin einen zunächst anonymisierten Zeugen zu einer falschen Zeugenaussage angestiftet hätten. Dem als "AZ 3000" bekannt gewordenen Zeugen wären in seinem Verfahren 13 Jahre Haft angedroht worden, sollte er nicht andere Angeklagte belasten. Der Mann er hatte in zahlreichen Prozessen gegen angeklagte Schwarzafrikaner im Operation Spring-Prozess ausgesagt.
Befangenheitsantrag
Der Befangenheitsantrag wurde vom Senat formell gar nicht behandelt, sondern unter Verweis auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofs (OGH) als verfristet zurück gewiesen. Begründung: "AZ 3000" hatte die Justiz schon im Mai 2003 der Anstiftung zur Falschaussage bezichtigt. Binder habe davon Kenntnis gehabt und hätte daher binnen 24 Stunden einen Befangenheitsantrag stellen müssen.
Großer Lauschangriff
Für die Staatsanwaltschaft ist Binders Mandant ein führendes Mitglied einer Drogen-Bande. Die Bande wurde im Mai 1999 im Zuge der so genannten Operation Spring zerschlagen. Dabei war erstmals der Große Lauschangriff zum Einsatz gekommen. Mindestens zweieinhalb Kilogramm Heroin und Kokain soll Emmanuel C. laut Anklage seit Sommer 1998 in der Bundeshauptstadt in Verkehr gesetzt haben.
Im Mai 2001 war er nach dem Suchtmittelgesetz zu neun Jahren Haft verurteilt und in der Begründung als "Massenmörder unserer Jugend" bezeichnet worden. Der OGH hob diese Entscheidung auf, im zweiten Rechtsgang wurde der gebürtige Nigerianer mangels Beweisen freigesprochen. Dagegen legte nunmehr die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel ein, denen der OGH statt gab. Eine dritte Verhandlung wurde angeordnet, die seit Oktober 2003 läuft.
Falsche Übersetzungen
Dabei zeigten sich einige Ungereimtheiten, die zuletzt für teilweise heftige Diskussionen sorgten. Der für die Ibo-Sprache zugezogene Dolmetsch hatte unvollständig und zum Teil falsch übersetzt. Video-Bänder der Polizei erwiesen sich als teilweise unbrauchbar.
Gespräch: "Anmerkung: Ibo-Dialekt"
Bei den heutigen Verlesungen kämpfte der Richter vor allem mit den Ergebnissen der Rufdaten-Erfassung. "Wer mit wem telefoniert hat, lässt sich aus dieser Aufstellung nicht entnehmen", erklärte er. Ein Gesprächsteilnehmer war von der Polizei lapidar als "Unbekannter Täter Nummer 270" bezeichnet worden. Ein 32 Sekunden dauerndes Gespräch wiederum hatte man lediglich mit der lapidaren Feststellung "Anmerkung: Ibo-Dialekt" versehen. Die Übersetzung fehlte.
Gespräche der Festnetz-Überwachungen fehlen