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Wien - Für die Erzeuger Erneuerbarer Energie ist der morgige Freitag ein Stichtag. Wird die Ökostrom-Novelle an diesem Tag im Wirtschaftsausschuss nicht behandelt, dann bleiben für die nächste Zeit die Förderungen unangetastet. Anderweitig kommt es zum Teil zu empfindlichen Kürzungen. Für eine Novellierung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Die SPÖ hat der ÖVP bereits Zustimmung signalisiert, das BZÖ gibt sich bedeckt. Die Grünen sprechen sich gegen Änderungen aus, bei der ÖVP herrscht noch geteilte Meinung zwischen Wirtschaftsbund und Bauern. Viele Landwirte haben sich durch die Biomasse-Erzeugung mittlerweile ein zweites Standbein aufgebaut.

Zwei Tage vor der entscheidenden Ausschusssitzung haben nun die Bioenergie-Erzeuger noch einen Trumpf aus dem Ärmel gezogen: Einen Brief des Direktors der EU-Generaldirektion Energie und Verkehr, Francois Lamoureux. Dieser kritisiert den Standpunkt der Regierung, wonach der Grad des Einsatzes von Erneuerbarer Energie auf Basis des Jahres 1997 berechnet werden müsse. Lamoureux hingegen verlangt, dass Österreich - wie andere Länder auch - als Berechnungsbasis das Jahr 2010 nimmt. Dies würde bedeuten, dass Österreich einen bei weitem höheren Ökostrombedarf hat als bisher angegeben.

Keine Änderung an gesetzlicher Grundlage

Aus dem Wirtschaftsministerium hieß es dazu heute auf APA-Anfrage: An der gesetzlichen Grundlage der EU-Richtlinie zur Förderung der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energiequellen habe sich nichts geändert. Einen Handlungsbedarf sieht man im Wirtschaftsministerium nicht. Gänzlich anders beurteilt dies das Ökosoziale Forum. Es warnt vor einem Vertragsverletzungsverfahren durch die EU, sollte die Ökostrom-Novelle nun rasch umgesetzt werden.

Als Beweis dafür zitierte das Forum aus der Stellungnahme des EU-Energiedirektors: "Die Kommission hat die österreichischen Stellen bezüglich der Bedenken angeschrieben, dass die Novellierung des Ökostromgesetzes möglicherweise in Konflikt mit dem Artikel 3 der Richtlinie 2001/77/EC [Anm.: Nationale Zielsetzungen, Richtlinie zur Förderung der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energiequellen] stehen könnte. In der Antwort zu unserem Schreiben haben uns die österreichischen Stellen mitgeteilt, dass der Gesetzesentwurf noch nicht fixiert wurde und dass die Kommission über die weitere Entwicklung des Gesetzes informiert werde. Da der Entwurf in Österreich noch nicht beschlossen wurde, kann die Kommission an dieser Stelle kein Verletzungsverfahren eröffnen."

Pakt hinter verschlossenen Türen?

Dass noch immer unklar ist, ob die Novelle am Freitag behandelt wird, ist für die Umwelt Management Austria "typisch für die derzeitige Diskussions-Unkultur über die österreichische Energieversorgung". Geschäftsführer Prof. Reinhold Christian verärgert: "Keiner der Entscheidungsträger wagt es, sich einer offenen Diskussion zu stellen. Alles wird hinter verschlossenen Türen paktiert, ohne Fachleute und die betroffene Bevölkerung einzubeziehen. Wer kennt schon die Vorhaben der Energie-Lobby und der Entscheidungsträger?"

Heute um 16.00 Uhr soll in einer letzten Verhandlungsrunde zwischen ÖVP und SPÖ geklärt werden, ob die Novelle morgen behandelt wird. Dass die SPÖ mit der ÖVP stimmen könnte - was als wahrscheinlich gilt - stößt den Grünen sauer auf. Sie sprechen von einer "Anbiederung" durch die SPÖ. Die Sozialdemokraten wiederum betonten, dass das Kundeninteresse im Vordergrund stehe. Heuer seien die Stromkunden mit 19 Euro pro Haushalt und Jahr zusätzlich belastet worden, um die Ökostromprojekte zu finanzieren. 2007 würden es 32 Euro sein, betonte die SPÖ.

Rund 30 Prozent der gesamten Stromerzeugung in Österreich werden subventioniert. Diese Förderungen müssten von allen Strom-Endverbrauchern finanziert werden und verteuerten die ohnehin hohen Strompreise noch einmal um 10 Prozent, rechnete die Energie-Regulierungsbehörde E-Control diesen Sommer vor. (APA)