Statt Resopal und Holzimitationen wurde im neuen duran Landstraße edleres Material verbaut.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die Brötchen sind aber so heftig wie eh und je.

Foto: Gerhard Wasserbauer

In Wien haben feine Brötchen eine stolze Tradition: Bei "Trzesniewski" etwa wird der Belag, vornehmlich Eier und Essiggurken, von korpulenten Damen in weißen Kitteln püriert und als Creme auf Schwarzbrot gepappt. "Alles derselbe Matschker", meinte dazu eine vornehme Dame. Das kann man konsistenzmäßig nachvollziehen, in Sachen Geschmack und Tradition aber machen die Schnitten ganz brav was her. Im "Schwarzen Kameel" sind die Brötchen die feinsten, und die Auswahl ist am größten - bloß der lautstark bourgeoisen "Clientèle" muss man irgendwie das Maul stopfen.

Der König des Brötchens aber heißt "Duran" - zumindest, wenn es um den schnellen, halbwegs attraktiv ausgarnierten Mayonnaise-Fix geht, der seltsam behütete Tanten und verkaterte Übernachtige gleichermaßen beglückt. Spezialisten mögen dagegen den "Sandwich Quick" auf der Mariahilfer Straße samt kugelrundem Wurstsalat in Stellung bringen oder gar das "Buffet Kolosseum" auf der Nußdorfer Straße anführen, wo die Takeaway-Brötchen ganz nonchalant in ausrangierte Schuhkartons geschlichtet werden.

Nix da. Vladimir Duran brachte die Tradition des russischen Salats auf laberigem Weißbrot in den Sechzigern aus der CSSR nach Österreich. Dafür gebührt ihm die Mayo-Krone. Auf der Landstraßer Hauptstraße sperrte Anfang November eine neue Filiale auf, und siehe da, es ist ein Designer-Duran geworden. Statt schmutzig-weißem Resopal und fritterfettigen Holzimitationen (Schnitzelsemmel!) glänzen schwarzer Stein, Glas und Edelstahl, man sitzt auf beinahe echten Starck-Stühlen und Bombo-Barhockern. Nur die Brötchen (40 Sorten) sind dieselben wie sonst auch - zum Glück: Beim Redesign des Espresso Stephansplatz ("Weinwurm") etwa wurde mit dem Teppichboden und der Schank auch das schärfste Pfefferonisandwich der Stadt entrümpelt - ein tragischer Verlust.

Durans Topseller sind seit Jahren die gleichen, ...

... sie sollen deshalb stellvertretend für das kaum überschaubare Angebot bewertet werden: Mexikanischer Wurstsalat, eine prachtvoll cremige Kreation, die sich beispielhaft an den Brotboden heftet und in der Garnierung - eine Kidneybohne, fünf Maiskörner - wohl dosierte Maßstäbe setzt. Nicht scharf, aber doch so pikant, dass sich eine Fahne ganz gut dahinter verbergen lässt.

Weiters Roastbeef, das klassische Beispiel eines Tantentäuschers: sieht mit seiner rosa Fleischscheibe verlockend aus, kommt im Biss aber völlig kraftlos, wie dünner, durchnässter Karton - herbe Enttäuschung. Lachsersatz bringt ordentlich Salz und Farbstoff auf den Teller, zudem baut das Brötchen auf einem starken Fundament russischen Salats auf: sehr gut.

Hummer-Surimi schließlich ist eine relative Neuentwicklung. Warum sich ausgerechnet dieses Brötchen gut verkauft, bleibt ein Rätsel: Süßlich pappt sich der Mayo-Salat an den Gaumen, der feine Wohlgeschmack des Fischmehlprodukts Surimi geht dabei fast gänzlich unter, die Orangenscheibe sorgt für irritierende Fruchtigkeit: so nicht!

Wie in jeder Duran-Filiale gibt es hier auch warmes Essen zwischen Puten-Cordonbleu und Cevapcici mit Pommes. Der wahre Mayo-Junkie meidet derlei geflissentlich - wer mit Geschmacksnerven geschlagen ist, ebenso.
(Severin Corti/Der Standard/rondo/25/11/2005)