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Behaart, froschgrüne Sojabohnen im Naturzustand

Foto: Reuters/Boku

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Ausgelöst und blanchiert heißen sie Edamame

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Als fermentierte Würfel Tempeh

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"Tofu schmeckt schon ein bissl langweilig. Nach nix eigentlich, wenn man ehrlich ist." Das sagt eine Frau, die es wissen muss: Sohyi Kim, haubenverwöhnte Köchin in Wien ("kim kocht") und als gebürtige Koreanerin mit Soja großgezogen. Fermentiert aber entfalten Produkte aus Sojabohnen ganz eigentümliche Aromen. "Ich habe immer noch den Geruch der Miso-Paste in der Nase, die meine Mutter auf dem Dachboden in Fässern gelagert hat", erinnert sich die zierliche Frau. Wie Sojabohnen aussehen, ist Kims Gedächtnis auf dem Weg in den Westen jedoch abhanden gekommen: Die "zarten Sojabohnen" etwa, die es seit Kurzem im Supermarkt zu kaufen gibt, sähen nicht aus wie in Südkorea, wo die Bohnen klein, hart und gelb oder braun seien, meint sie. Eine Mogelpackung will sie nicht unterstellen, doch die Zweifel verdichten sich, als auch STANDARD-Kollegin Heidi Aichinger, trotz des alpinen Namens eine halbe Japanerin, die Iglo-Packung so kommentiert: "Das sind keine Sojabohnen, sondern Edamame!"

Ein Bohnenkrimi entwickelt sich daraus dennoch nicht, ...

... weil Johann Vollmann von der Abteilung Pflanzenzüchtung an der Wiener Boku am vorgelegten Foto sofort erkennt: Alle haben Recht. "Es sind Sojabohnen, aber ganz spezielle. Diese grünen Gemüsesojabohnen heißen Edamame." Normalerweise erntet man Sojabohnen im reifen Zustand. Die Körner sind dann trocken und hart und werden zu Tofu, Miso, Sojasauce und anderen Produkten verarbeitet, die teilweise auch bei uns bekannt sind. Exotenstatus genießen Sojaprodukte längst nicht mehr, auch wenn sich manche Spezialität nur in eingeschworenen Kreisen durchsetzen konnte - Tempeh zum Beispiel, bröcklig-braun fermentierter Tofu mit Edelschimmelkulturen, der für Uneingeweihte irgendwie nach Komposthaufen schmeckt.

Die grün geernteten Edamame dagegen werden wie frische Saubohnen "gemüsig" zubereitet. In Japan sind sie, mit den stark behaarten Schoten blanchiert und gesalzen, ein typischer Sommerabendsnack, der erst bei Tisch ausgelöst wird. "Das schmeckt fantastisch und ist sehr gesund", weiß Vollmann. Die Tiefkühl-Sojas können, wie Erbsen, sehr variantenreich eingesetzt werden - als Salat genauso wie als kurz blanchiertes und mit Kräutern gewürztes Gemüse. Wer sich zu Ambitionierterem berufen fühlt, kann auch jene Rezepte ausprobieren, die "Indochine"-Koch Wini Brugger für Iglo entwickelt hat (auf www.iglo.at abrufbar). Mit ihrer leuchtend grünen Farbe sind die Bohnen eine Bereicherung auf dem Teller. Ihr zarter, leicht bitterer Geschmack harmoniert aufs Angenehmste mit Ente - aber auch mit knackigen Garnelen.

Die Sojabohne ist ungeheuer vielseitig verwertbar, ...

... wegen des hohen Fettgehalts von rund 18 Prozent taugt die nach dem Reis zweitwichtigste Kulturpflanze Asiens sogar als Treibstoff (Biodiesel). Zu einem "genialen Nahrungsmittel", wie es die Ernährungswissenschafterin Hanni Rützler ausdrückt, macht sie der Gehalt von 37 Prozent hochwertigem Eiweiß, das fast so wertvoll wie tierisches Eiweiß ist. Davon profitieren besonders Vegetarier und auch die zunehmende Anzahl von Menschen mit Laktoseunverträglichkeit, denen Milchprodukte nicht bekommen. Um diesen Vorteil zu nutzen, muss man Soja nicht zu Pseudofleisch verformen (zum Beispiel zu Tofugulasch, Sojafrankfurtern u. Ä.), sondern kann ihn in jeder der unzähligen Sojavarianten genießen, die längst nicht mehr nur in Reformhäusern heimisch sind. Rasant überwuchern sie auch die Supermarktregale: "Bei Sojaprodukten handelt es sich um eine wachsende Warengruppe", bestätigt REWE-Sprecherin Corinna Tinkler den Augenschein. Sojabohnenkeimlinge, Sojadrinks, Tofu und Sojasaucen seien am beliebtesten.

In den Spar-Filialen gehören laut Unternehmenssprecherin Nicole Berkmann Sojadrinks und Sojapudding in den Westgaumen vertrauten Geschmacksrichtungen Vanille und Schokolade zu den Top-Sellern. Auffallend sei, dass früher "Vegetarier und Bio-Freaks" die typischen Käufer waren, während heute alle zugreifen, die sich gern gesund und zumindest hin und wieder bewusst ernähren würden, so Berkmann.

Sie tun gut daran, bestätigt die Ärztin Andrea Zauner-Dungl: "Sojabohnen enthalten eine Fülle gesundheitsfördernder Stoffe." Studien belegen etwa, dass diese Inhaltsstoffe den Cholesterinspiegel senken und damit Herz und Gefäße schützen. Außerdem, so Zauner-Dungl, fördern sie den Kalziumeinbau in die Knochen und beugen damit Osteoporose vor. Der hohe Ballaststoffanteil nütze der Verdauung ("mitgekochtes Bohnenkraut verhindert Blähungen"), und die Phytoöstrogene verringerten Wechseljahrsbeschwerden. Belegt sei auch eine krebshemmende Wirkung. Zwei- bis dreimal wöchentlich sollte man allerdings Soja schon verzehren, um auch einen gesundheitlichen Nutzen daraus ziehen zu können, mahnt die Ärztin. (Susanne Rössler/Der Standard/rondo/25/11/2005)