In zähen Verhandlungen suchten die Staatlichen Kunstsammlungen den vollständigen Verlust des Meisterwerkes, dessen Rückgabe das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen Leipzig verfügte, zu verhindern. Aus Sicht der Juristen fehlt der Nachweis, dass es 1935 "aus freien Stücken" verkauft wurde. Die Besitzerin war 1942 von den Nazis deportiert und vermutlich umgebracht worden. Es bleibt unklar, ob das Gemälde einst unrechtmäßig angekauft wurde. Die Juristen aber sahen keinen Beweis, dass es freiwillig an die Sammlung gegeben wurde.
"Wurde Frage des Notverkaufs richtig geprüft?"
"Nicht jede jüdische Familie, die sich nach 1930 von ihrem Besitz getrennt hat, war verfolgt", sagt der auf solche Fälle spezialisierte Berliner Jurist Professor Peter Raue. "Je näher der Verkauf an 1933 heran lag, desto wahrscheinlicher ist, dass er nicht unter Druck erfolgte." Erst ab 1939 dürfte es keinen freiwilligen Verkauf mehr gegeben haben. "Ich bin nicht ganz sicher, ob hier die Frage des Notverkaufs richtig geprüft wurde", meint Raue.
Wie bei vielen dieser Restitutionen mit politischem Hintergrund ging es um Geld: Ankaufverhandlungen des Freistaates scheiterten an Forderungen im Namen der Erben, die mit drei Millionen Euro beziffert wurden. Eine Million Euro hätten die Kunstsammlungen, die über einen kaum nennenswerten Ankaufsetat verfügen, unter Verwendung aller Kanäle noch aufbringen können. Kunstministerin Barbara Ludwig (SPD) musste schließlich die Herausgabe des Bildes anordnen.
Kurz nach der Rückgabe flammte für das Dresdner Museum Hoffnung auf: Der US-Unternehmer und Kunstsammler Alfred Bader erwarb das Menzel-Bild im Juni für 2,8 Millionen Euro von den Erben. Bader versicherte damals, er wolle das Gemälde der Dresdner Sammlung als Leihgabe zur Verfügung stellen. Ein paar Tage später kündigte der 81-jährige Amerikaner österreichisch-jüdischer Herkunft allerdings den Verkauf an die National Gallery London mit der Maßgabe an, dass sich die beiden Museen das Bild teilten.
Der Generaldirektor der Dresdner Kunstsammlungen, Martin Roth, würdigte dies als "eine große Geste der Menschlichkeit" und "Zeugnis gelebter Völkerverständigung". Der Münchner Kunsthändler Bruce Livie, der den Verkauf eingefädelt hatte, sagte, die National Gallery sei an einem Austausch interessiert, eine schriftliche Zusage jedoch in Kunstkreisen nicht üblich. "Wenn Bader erklärt, man suche eine Lösung, muss man so etwas in den Vertrag schreiben", sagt der Jurist Raue. Das sei natürlich ein wertbildender Faktor, drücke also den Preis.
Restituiertes Gemälde wurde zum "Spekulationsobjekt"
Für Raue ist Menzels Bild eindeutig ein Spekulationsobjekt geworden. "Es hat hier keine Rücksichtnahme auf ungeklärte Verhältnisse und die Bewahrung gegeben." Das Londoner Museum war nach eigenen Angaben seit Jahren auf der Suche nach einem Gemälde des Künstlers, dessen Ölbilder Raritäten sind. Dort passt es wunderbar zu Manets "Musik im Tuileriengarten", das Menzel 1867 in einer Ausstellung in Paris sah und das ihm als Vorlage für sein Bild diente. "Wir waren anscheinend von Anfang an chancenlos, weil wir nicht über Nacht 2,8 Millionen Euro aufbringen können", resümiert Roth.