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Der Polnische Priester P.Jarek Cielecki präsentiert im Vatikan das offizielle Dokument "Instruktion zu den Kriterien zur Unterscheidung von Berufungen bei Personen mit homosexuellen Tendenzen hinsichtlich ihrer Zulassung zum Seminar und zu Weiheämtern"

foto: reuters/ALESSANDRO BIANCHI
Ungeachtet aller Einwände hat der Vatikan am Dienstag ein umstrittenes Dokument über die Zulassung Schwuler zum Priesteramt veröffentlicht. Der von der Kongregation für katholische Bildung verfasste Erlass enthält "Richtlinien für die Zulassung von Personen mit homosexuellen Tendenzen zu Priesterseminaren und Weiheämtern".

Das vom Präfekten der Kongregation, Kardinal Zenon Grocholewski unterzeichnete Dokument verweist darauf, dass "die Kirche jene nicht zu den Seminaren und Heiligen Weihen zulassen" könne, die "Homosexualität praktizieren, deutliche homosexuelle Tendenzen haben oder eine so genannte homosexuelle Kultur unterstützen".

Im Vorwort wird darauf verwiesen, dass entsprechende Richtlinien "durch die gegenwärtige Situation dringlicher geworden seien". Kardinal Grocholewski bezeichnete in einem Interview mit Radio Vatikan die Aufmerksamkeit der Medien für das Dokument als "übertrieben". Das Papier enthalte "nichts, was der Vatikan und die Glaubenskongregation nicht bereits gesagt" hätten. Es schaffe jedoch Klarheit in einem Bereich, in dem es "zunehmende Desorientierung" gebe.

Der Kardinal kritisierte all jene, die Homosexualität als eine "völlig normale Veranlagung" betrachteten. Das treffe anthropologisch nicht zu. Der Zölibat verlange vom Priester Enthaltsamkeit. Homosexuelle Neigungen seien nur dann kein Hindernis für die Zulassung zum Priesterseminar, wenn sie "jugendlicher Neugier" oder "momentanen Zuständen wie Trunkenheit" zuzuschreiben seien. Priester, die ihre homosexuellen Neigungen erst nach ihrer Weihe entdeckten, hätten "die Pflicht, enthaltsam zu leben".

Grocholewski bekräftigte den Zölibatskanon des Kirchenrechts, der Priestern die Ausübung "jeder Form von Sexualität" verbietet. Männer mit homosexuellen Tendenzen, die nicht seit mindestens drei Jahren keusch leben, sollen dem Erlass zufolge nicht mehr zu Priestern geweiht werden.

Das Dokument wurde von der italienischen Schwulenbewegung Arcigay scharf kritisiert. Deren Präsident, der Abgeordnete Franco Grillini, warf dem Vatikan eine Haltung zu Homosexuellen vor, die an Rassismus grenze. Die Kirche richte sich gegen die Schwulen, obwohl Homosexualität nichts mit den pädophilen Skandalen zu tun habe, in die Vertreter der Kirche in zahlreichen Ländern verwickelt seien. Der Vorsitzende der Vereinigung "Wir sind Kirche", Luigi De Paoli, wertete das Dokument als "deutlichen Rückschritt". "Ich frage mich, wie Bischöfe jetzt mit homosexuellen Priestern verfahren. Schauen sie einfach weg oder wird gegen sie vorgegangen?", fragte De Paoli. (DER STANDARD, Print, 30.11.2005)