"Ich kann mit der Situation im Klub umgehen und werde konstruktiv arbeiten", sagt Sigrid Pilz selbst, "aber ich will nicht akzeptieren, dass wir Grünen mit einem Image da stehen, für das ich mich geniere".

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Alexander Van der Bellen - hier beim Bundeskongress der Grünen am 12. November - sieht ein akutes Führungsproblem; Vassilakou sei nicht in der Lage, die Grabenkämpfe zu beenden. "In Wien müsste man jetzt einen gemeinsamen Klub schaffen, derzeit schaut es aber eher nach Spaltung aus."

Vassilakou rief unterdessen zur Ordnung: "Das ist kein Appell, sondern ein dringlicher Ruf - an beide Seiten."

Wien - In der Bundespartei ist man über die Flügelkämpfe der Wiener Grünen entsetzt. "Wir haben ein echtes Problem", sagt ein Mitglied des grünen Parlamentsklubs, das vorläufig noch nicht genannt werden will. Die Gruppe um den Wiener Gemeinderat Martin Margulies sei auch in der Lage, den Grünen bei der Nationalratswahl massiv zu schaden. "Wir haben kein Fundi-Problem, wir haben ein Funktionärsproblem", heißt es. Es gehe weniger um unterschiedliche Ideologien, als um "Machtspielchen und Seilschaften".

Auch Grünen-Chef Alexander Van der Bellen ist schwer verärgert über die Vorgänge bei den Wiener Grünen und überlegt bereits, wie die Bundespartei bei der Landesorganisation eingreifen könnte. In Wien wird ein akutes Führungsproblem ausgemacht. Landeschefin Maria Vassilakou, die allgemein in der Partei hoch geschätzt wird, egal ob von links oder weniger links, sei nicht in der Lage, die Grabenkämpfe zu beenden. "In Wien müsste man jetzt einen gemeinsamen Klub schaffen, derzeit schaut es aber eher nach Spaltung aus."

"Leider viele Gruppen, die sich selbst genügen"

Dass die etablierte Kommunalpolitikerin Sigrid Pilz jetzt in der Partei verräumt wird, wird in der Bundespartei als unverzeihlicher Fehler eingeschätzt. Pilz habe fünf Jahre lang Kompetenz aufgebaut, diese werde aufgrund persönlicher Machtspiele jetzt weggeworfen.

"Ich kann mit der Situation im Klub umgehen und werde konstruktiv arbeiten", sagt Sigrid Pilz selbst, "aber ich will nicht akzeptieren, dass wir Grünen mit einem Image da stehen, für das ich mich geniere". Es gebe in ihrer Landespartei "leider viele Gruppen, die sich selbst genügen". Eine Führungsschwäche der Wiener Grünen-Chefin Vassilakou sieht Pilz nicht. In der Bundeshauptstadt sei die Gestaltungsfreiheit des Klubchefs traditionell etwas eingeschränkt.

"Dringlicher Ruf"

Vassilakou reagierte harsch: "Das ist kein Appell, sondern ein dringlicher Ruf - an beide Seiten." Zur Diskussion rund um die Besetzung von Schlüsselpositionen durch das linke Lager und der Ankündigung Christoph Chorherrs im Standard, er wolle ein Grünes Erneuerungsprojekt starten erklärt Vassilakou: "Die Grünen sind nicht Chorherr oder Martin Margulies - sondern das Ergebnis dessen, wenn sie gut zusammen arbeiten."

Was die umstrittenen Stadtrats- und Ausschusswahlen betrifft, weist Vassilakou darauf hin, "dass es in unserer speziellen Organisationskultur nicht denkbar wäre, dass ich Personalvorschläge mache. In unserer Organisationskultur gibt es ein paar diskussionswürdige Punkte - so sehr ich zur Basisdemokratie stehe." Sie selbst sei Klubchefin, da gebe es noch einen Landessprecher und einen Landesgeschäftsführer, "aber de jure hat keiner von uns eine Führungsposition". Daher solle man eine Zusammenführung in einer Person überlegen. (DER STANDARD, Printausgabe 19./20.11.2005)