Foto: Der Standard/Matthias Cremer
Freitag, kurz nach 9 Uhr morgens, vor einer Bawag-P.S.K.-Filiale im neunten Wiener Gemeindebezirk. Der Tag nach dem Rücktritt des Generaldirektors. Der Wind weht kalt durch die Straßen, nach und nach trudeln Kunden in die Niederlassung der Gewerkschaftsbank. Um ihr Sparguthaben sind sie aber nicht besorgt, dennoch ist die Sicherheit offensichtlich ein Thema.

"Mein Berater hat mir gerade erklärt, ich brauche mich nicht um mein Erspartes sorgen, meine Einlagen seien gedeckt", sagte ein älterer Mann beim Verlassen der Filiale zum STANDARD. Die Kreditvergabe an den mittlerweile insolventen US-Broker Refco und die Folgen seien jedoch "ein Wahnsinn".

"Gutes und richtiges Zeichen"

Der kleine Sparer bekomme immer gleich hohe Mahnspesen aufgebrummt, aber "die Großen an der Quelle können sich's immer richten", resümiert der Herr. Dass Bawag-P.S.K.-Vorstand Johann Zwettler am Donnerstag überraschend seinen Rücktritt angekündigt hat, sei für ihn "ein gutes und richtiges Zeichen".

In diese Kerbe schlägt auch ein anderer Herr: "Bei so einem Vorfall sollte der Vorstand gehen." Um sein kleines Sparguthaben ist auch dieser Mann nicht besorgt.

"Ich habe nur eine kleine Pension, diese Einlage ist sicher gedeckt", sagte eine Pensionistin. Kunden, die Wertpapierdepots oder große Sparkonten bei der Bawag P.S.K. hätten, könnten eher besorgt sein als der kleine Sparer, ist sich diese Frau sicher.

Beruhigt gibt sich auch ein Pensionist, der gerade ein weiteres Produkt bei der Bawag P.S.K. gekauft hat, welches, wollte er allerdings nicht verraten. "Mich regt der große Kredit nicht sehr auf, schließlich steht ja die Gewerkschaft hinter der Bank." Der Rücktritt Zwettlers sei gerechtfertigt, denn die Kreditvergabe habe ihn schon "verwundert". Das Vertrauen in die Bank werde dadurch aber nicht angekratzt.

Ein paar Ecken weiter

Szenenwechsel: Mariahilfer Straße, etwas später am Nachmittag, leichter Nieselregen. Auch hier huschen viele Kunden in die Bawag-P.S.K-Filiale. Die meisten holen sich Kontoauszüge und erledigen Schaltergeschäfte.

"Hätte ich meinen Kredit nicht bei der Bawag P.S.K., wäre ich schon längst zu einer anderen Bank gewechselt", erzählt eine junge Mutter. Der große Kredit an Refco sei ihr egal, aber als Kundin fühle sie sich schon länger nicht mehr wohl.

Etwas unwohl fühlt sich auch ein anderer Herr. Er sei um seine Einlagen schon ein wenig besorgt. "Daher habe ich mir in den letzten Tagen die Bawag-P.S.K.-Bilanz ganz genau angeschaut, die enormen Rücklagen beruhigen". Pikanter Nachsatz: "Die werden ja hoffentlich gedeckt sein."

Zwettler sei hauptverantwortlich für das Refco-Debakel, daher sei sein Rücktritt auch gerechtfertigt. Er hoffe, dass die Erfahrungen aus dieser Causa auch dazu führen, dass die Kredite künftig vorsichtiger vergeben werden. Die Kunden würden kurzfristig sicher Vertrauen abbauen, einen langfristigen Imageschaden werde dies aber nicht hinterlassen.

Nervenaufreibend

Auch in der noblen Bawag-Zentrale im ersten Wiener Gemeindebezirk ist das Gespräch des Tages "der Rücktritt", aber echte Besorgnis über die Sicherheit der Einlagen ist sehr selten, meint eine Mitarbeiterin gegenüber einem Kunden. "Wir haben ja ein Vielfaches des Kredites als Eigenkapital liegen, also keine Gefahr."

Dennoch gehen die permanenten Fragen und Anspielungen den Mitarbeitern doch schon ein wenig "auf die Nerven", meint ein Berater im zehnten Bezirk. "Da war der Anruf eines Kunden schon erheiternder, der wissen wollte, ob er seinen Kredit auch weiter bezahlen muss, wenn die Bawag Pleite ginge." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19./20.11.2005)