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Foto: AP/Mikica Petrovic
"Eine Unabhängigkeit des Kosovo", als Resultat einer historischen Einigung zwischen Belgrad und Pristina, die den Serben im Kosovo alle bürgerliche Rechte und ein normales Leben garantiert und die Rückkehr serbischer Flüchtlinge ermöglicht, wäre eine "vorstellbare Lösung", sagt der Politiker Cedomir Jovanovic dem Standard .

"Es wäre katastrophal wenn Belgrad wegen eine eventuellen Unabhängigkeit des Kosovo erneut in einen Konflikt mit der ganzen Welt geraten würde", so Jovanovic. Statt die Realität und die Prinzipien des modernen Zeitalters zu berücksichtigen, komme man in der Kosovo-Frage wieder auf die Blut und Boden Ideologie zurück, hinter der man eine "Besorgnis erregende" Gleichschaltung verschiedenster politischen Kräfte, der Kirche und der Akademie der Wissenschaften und Künste erkennen könne.

Die Resolution der serbischen Regierung vom Mittwoch, die eine Unabhängigkeit des Kosovo kategorisch ablehnt, "zeigt die Kontinuität einer Politik, die nach der Auseinandersetzung Serbiens mit der ganzen Welt und den Luftangriffen der Nato 1999 besiegt worden ist", kritisiert Jovanovic.

Ein Plan seiner Liberal Demokratischen Partei (LDP) sieht indes vor, dass Belgrad nach dem Prinzip "Gleichberechtigung für Territorium" sein Verwaltungsrecht auf die Menschen, die im Kosovo leben, überträgt. Jovanovic ist in Serbien umstritten. Er war Anführer der Studentenproteste gegen Slobodan Milosevic, Serbiens Vizepremier und die rechte Hand des ermordeten Ministerpräsidenten, Zoran Djindjic.

In einer dramatischen Aktion verhaftete er Milosevic, der danach dem UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen ausgeliefert wurde. Wegen scharfer Kritik an Serbiens Präsident Boris Tadic, wurde er aus der Demokratischen Partei (DS) ausgeschlossen und gründete Anfang November die LDP.

"Fünf Jahre nach der Wende wird Serbien mit den Folgen einer falschen gesellschaftlichen Orientierung konfrontiert", meint Jovanovic nun. Die Werte seien die gleichen wie unter Milosevic, Milosevics Mitläufer würden völlig gleichberechtigt im politischen Leben Serbiens teilnehmen. Parteien, die sich als demokratisch bezeichnen, gingen offene, oder geheime Koalitionen mit anderen Parteien ein, deren Führer sich wegen Kriegsverbrechen auf der Anklagebank des UNO-Tribunals befinden.

Es gebe zwar gewisse Ambitionen, Kriegsverbrecher ausfindig zu machen und dem Tribunal in Den Haag auszuliefern, aber nur um diese lästige Geschichte ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen, statt sich mit der Ideologie zu konfrontieren, die zu Kriegsverbrechen geführt habe. "Premier Vojislav Kostunica personifiziert eine solche Politik", moniert Jovanovic. (DER STANDARD, Printausgabe, 18.11.2005)