Wien - Einen Tag vor der heutigen Krisen-Aufsichtsratssitzung in der Bawag P.S.K hat die österreichische Gewerkschaftsbank gestern, Mittwoch, die seit Wochen im Raum stehenden Betrugs- und Schadenersatzklagen gegen Refco bzw. dessen Ex-Chef Phillip Bennett eingebracht.

Die Bank klagt auf Herausgabe der Kreditsumme von 350 Mio. Euro. In der Klagsschrift wird auch fest gehalten, dass Refco von den Kreditverhandlungen zwischen Bawag und Bennett gewusst habe. Auch wird Refco vorgeworfen, Informationen über die Entlassung Bennetts und die Finanzprobleme so lange hinausgezögert zu haben, bis das Geld auf dem Konto war.

Bereits vor einigen Tagen hat die Bawag zudem bei der Staatsanwaltschaft Wien Strafanzeige gegen Phillip Bennett und andere Verantwortliche der Refco wegen Betrugs erstattet, "da ein Tatort des Betrugs Wien ist, und auch der Schaden hier entstanden ist", wie die Bawag P.S.K. am Donnerstag Vormittag in einer Pressemitteilung erklärte.

Irreführung und Bereicherung

Konkret hat die Bawag beim US-Insolvenzgericht, Southern District of New York, Klage gegen Phillip Bennett, Refco Inc., Refco Capital Markets Ltd., Refco Group Holdings Inc. und andere "wegen Betrugs, ungerechtfertigter Bereicherung und Irreführung, gerichtet auf Rückzahlung des von Refco und Bennett unrechtmäßig von der BAWAG erlangten Kreditbetrages in Höhe von 350 Mio. Euro, eingebracht."

Beklagt sind 28 Unternehmen der Refco-Gruppe, weil derzeit nicht eindeutig klar sei, wo der am 10. Oktober 2005 ausbezahlte Kreditbetrag verbucht sei bzw. welchem Unternehmen der Refco-Gruppe er letztlich zugeflossen sei, erläuterte die Gewerkschaftsbank.

Von der Bawag sei der Kreditbetrag auf Anweisung der Kreditnehmer und auf Grund des entsprechenden Überweisungsauftrags von Refco Capital Markets Ltd. direkt auf ein Konto der Refco Capital Markets Ltd. überwiesen worden.

Mögliche Ausweitung der Klage

"Eine Ausweitung der Klage gegen andere Unternehmen oder Personen sowie eine Ausdehnung des Klagsbetrages aus dem Titel Schadenersatz behält sich die Bawag vor", heißt es weiter.

In der jetzigen Klage wird unter anderem vorgebracht:

  • "dass es sich bei den an Refco überwiesenen 350 Mio. Euro um den Kreditbetrag handelt, den Bennett in betrügerischer Weise von der BAWAG erlangte, und zwar mit Wissen, in Mittäterschaft und mit aktiver Ermutigung durch Refco,
  • Refco vollständige Kenntnis von den Bestrebungen Bennetts, eine Überweisung in Höhe von 350 Mio Euro an Refco zu erreichen, hatte,
  • Refco insbesondere von den Verhandlungen Bennetts mit der BAWAG über die Überweisung des Kreditbetrages an Refco wusste,
  • Refco vorsätzlich und in der Absicht handelte, die BAWAG hinsichtlich der tatsächlichen Sachlage so lange zu täuschen, zu betrügen und in die Irre zu führen, bis Refco die 350 Mio. Euro erhielt,
  • Refco die Herausgabe ihrer Pressemitteilung vom 10. Oktober, mit welcher die Suspendierung von Bennett, sowie eine Neudarstellung ihrer Finanzdaten bekannt gegeben wurde, so lange vorsätzlich hinauszögerte, bis sie den von der BAWAG an Refco zu zahlenden Kreditbetrag erhalten hatte."

Mit der Klage ziehe die BAWAG die rechtliche Konsequenz aus der Tatsache, dass Bennett und Refco "gemeinsam handelten", um die BAWAG in unzulässiger und betrügerischer Weise dazu zu bewegen, einen Kredit in Höhe von 350 Mio. Euro direkt auf ein Konto der Refco Capital Markets zu überweisen.

Die BAWAG "wird ihre Rechte mit aller Kraft wahrnehmen und geltend machen, um die Herausgabe des gesamten Kreditbetrages zu erreichen", heißt es in einem heute versandten Kommunque der Gewerkchaftsbank.

Die BAWAG werde jetzt im Chapter 11-Verfahren Refco sowie bei ihren Ansprüchen gegen Bennett und Refco von der amerikanischen Anwaltskanzlei Dechert LLP vertreten. Die Kanzlei beschäftigt international 900 Juristen. (APA)