TLC: "No Scrubs"

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Was ein "scrub" ist, erklären TLC dankenswerterweise bereits in den ersten Zeilen ihres Liedes: ein Typ, der nicht genug Kohle hat, um Frauen zu beeindrucken. Ganz ohne Sportwagen, durchdesigntes Liebesnest und Markenklamotten stürzt sich dieser lachhafte Stenz in den Paarungskampf der Geschlechter - und ist doch von vornherein zum Scheitern verurteilt, wie ihm TLC unmissverständlich klar machen: Wer nicht im tiefer gelegten Schlitten, sondern zu Fuß daherkomme und gar noch zu Hause bei seiner "Momma" wohne, könne keine Liebe erwarten. Da zählt es auch nicht, dass sich der Gescholtene vielleicht für den Regenwald einsetzt oder im elterlichen Hobbykeller einen Aids-Impfstoff hergestellt hat - ohne Geld ka Musi.

Muss man No Scrubs nun anrüchig finden und die Sängerinnen von TLC wegen ihres rigiden Materialismus kritisieren? In der Tat verströmt ihr Lied eine soziale Kälte, die in unserem wohlig-warmen Mittelklasseparadies, anders als im Aufsteigerland USA, ungewohnt wirkt. In Bereichen wie der Kanalisation und dem Strafvollzug mögen tausende Jahre Zivilisation positive Folgen gehabt haben, die Paarung funktioniert jedoch weiterhin nach demselben Muster wie im Tierreich: Nur wer ein buntes Gefieder präsentieren kann, kommt zum Zuge.

Wer hingegen wie "trash" ("Müll") aussieht und das nicht mit einer dicken Brieftasche ausgleicht, braucht gar nicht erst hinter seinem Baum hervorzukommen. Solchen Pechvögeln bleibt nur die Hoffnung auf eine Verhaltensweise, die TLC fremd ist, die aber viele andere Frauen zum Kontakt mit sozial Aussätzigen bewegt: das Helfersyndrom. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.11.2005)