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CSU-Chef Stoiber fordert von Bundeskanzler Schüssel, während der österreichischen EU-Präsidentschaft eine Einigung über das EU-Budget zu erreichen: "Er muss es schaffen."

Foto: REUTERS/Herwig Prammer
Wien - Der mit Jahresbeginn 2006 anlaufenden österreichischen EU-Ratspräsidentschaft wird die derzeit noch nahezu unlösbar erscheinende Aufgabe zufallen, eine Einigung über den Finanzrahmen der Europäischen Union für die Jahre 2007 bis 2013 zu erreichen. Diese Forderung in klare Worte zu fassen, übernahm am Mittwoch der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber: "Er muss es schaffen", forderte Stoiber von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) in einer gemeinsamen Pressekonferenz anlässlich eines Arbeitsbesuches in Wien. "In der ersten Hälfte des Jahres 2006 müssen die finanziellen Grundlagen für die Zukunft der EU gelegt werden", bekräftigte Stoiber.

Auch der Schuldige für den Druck, der nun auf den Schultern des Bundeskanzlers lastet, ist für Stoiber schnell ausgemacht: Die derzeit noch amtierende britische EU-Präsidentschaft habe in der alles entscheidenden Budgetfrage "leider sehr, sehr wenig Engagement an den Tag gelegt". Was die ebenfalls nach wie vor virulente Frage der finanziellen Beiträge der EU-Staaten zum Unionsbudget anbelangt, "wird Deutschland dem zustimmen, was Österreich für machbar hält", erklärte Stoiber - und meint damit, dass sich Brüssel für die Jahre von 2007 bis 2013 mit 1,06 bis 1,07 des gemeinsamen Bruttonationaleinkommens - rund 870 Milliarden Euro - zufrieden geben soll, ein Kompromissvorschlag, den Luxemburg für die letztlich gescheiterten Finanzverhandlungen im Juni vorgelegt hatte.

Und wenn Österreich schon dabei ist, die Finanzprobleme der EU zu lösen, dann hat Stoiber als bayrischer Landesvater auch noch ein kleines zusätzliches Anliegen: Schüssel möge doch bitte "eine vernünftige Regelung in den Fördergebieten" der EU erreichen. Vernünftig bedeutet für Stoiber, dass Bayern, das sich mit dem neuen EU-Nachbarn Tschechien nun einem Ziel-1-Gebiet gegenübersieht, die Möglichkeit einer fünf Prozent höheren Regionalförderung erhält.

Von Vorbild zu Vorbild

In ihrer gegenseitigen Wertschätzung demonstrierten Schüssel und Stoiber am Mittwoch perfekten Gleichklang: Einer lobte die "Vorbild"-Funktion des Anderen: Hob Schüssel hervor, dass Bayern "höchste Wirtschaftsleistung mit sozialem Zusammenhalt kombiniert", pries Stoiber die österreichische Pensionsreform und den "flexibleren" heimischen Arbeitsmarkt, letzteren sogar als "Pfahl im Fleisch" der Bundesrepublik.

Kein Ende des gegenseitigen Lobes: Ist Stoiber für Schüssel "ein wirklicher Freund", fühlt sich dieser in Wien immer unter "besonders lieben Freunden". Kein Wunder: Schüssel wie Stoiber erinnerten an die engen wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Bayern und Österreich, etwa das bilaterale Handelsvolumen von rund 20 Milliarden Euro, das Bayern zum wichtigsten regionalen Wirtschaftspartner Österreichs macht. Fast die Hälfte der heimischen Deutschland-Exporte gehen nach Bayern, für das Österreich wiederum das wichtigste Importland ist.

Bezüglich der von Stoiber im Gespräch mit Schüssel thematisierten Probleme der Grenzlandförderung - Bayern wie Österreich haben mit der jüngsten EU-Erweiterung höchstgeförderte "Ziel 1-Gebiete" als Nachbarn erhalten und fürchten daraus gravierende Wettbewerbsnachteile - präzisierte der bayrische Landeschef in einer Pressekonferenz sein Anliegen an die österreichische EU-Präsidentschaft: Die jeweiligen Grenzgebiete zu Tschechien, der Slowakei und Ungarn sollten einerseits aus den EU-Strukturfonds einen fünfprozentigen Förderungsaufschlag erhalten. Zusätzlich dazu soll Brüssel auch noch fünf Prozent Zuschuss aus nationalen Fördermitteln zulassen. Ein diesbezügliches, bereits akkordiertes Modell hätten die rot-grüne Berliner Regierung und die britische Ratspräsidentschaft wieder gekippt, beklagte Stoiber. Schüssel habe ihm aber nun zugesagt, gemeinsam mit der neuen deutschen Regierung dafür zu sorgen, dass dieser Plan wieder offizielle EU-Position werde.

Gewissermaßen im Gegenzug kündigten Stoiber und sein Wirtschaftsminister Otto Wiesheu an, im Hinblick auf die Realisierung des Brenner-Basistunnels auf ein stärkeres Engagement der Regierung in Berlin zu drängen: "Da muss man jetzt Gas geben", forderte Wiesheu - er wechselt übrigens im Jänner aus der bayrischen Regierung in den Vorstand der Deutschen Bahn -, "anders können wir das Problem nicht lösen, ohne den Güterverkehr zu reduzieren". Stoiber ergänzte, Deutschland, das zwar großer Nutznießer des Tunnels sei, das Thema aber bisher immer als Angelegenheit zwischen Österreich, Italien und der EU von sich gewiesen habe, müsse sich in Person seines künftigen Verkehrsministers Wolfgang Tiefensee (SPD) stärker einbringen und "mit den Kollegen in Wien und Rom zusammensetzen".

Stoiber stattete im Zuge seines mit Terminen dichtgedrängten Wien-Besuches auch Bundespräsident Heinz Fischer und Nationalratspräsident Andreas Khol (V) Besuche ab, am Mitwochnachmittag stand noch ein Treffen mit Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) auf dem Programm. Im Anschluss daran hält Stoiber den Festvortrag anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Deutschen Handelskammer in Österreich. Letztendlich wirbt er bei seinem Besuch auch noch für die Gastgeberschaft Bayerns bei der Fussball-WM 2006 in Deutschland. (APA)