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ORF-Generaldirektorin Monika Lindner zum neuen Format: "Wir brauchen in unserem Programm ein starkes und regelmäßiges Gesundheitsformat zur besten Sendezeit. Daher lege ich Wert darauf, dass die gelernte Medizinerin Dr. Vera Russwurm auch die Präsentation dieser Sendung übernimmt."

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Russwurm ein Jahr vor der ersten "Vera" in "Tohuwabohu". Ab 2006 macht sie wieder in Gesundheit.

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Der ORF stellt im elften Jahr "Vera" ein und schiebt ein Gesundheitsmagazin nach. DER STANDARD zieht mit "Veras" Worten Bilanz über den 1995 unter General Gerhard Zeiler abgekupferten Boulevardtalk: "Unglaublich!"
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Wie würde "Vera" formulieren? "TV-Aufreger: Nach rund 400 Sendungen stellt der ORF mit 15. Dezember 'Vera' ein! Die Betroffene erzählt ihre unglaubliche Geschichte!"

Die Wirklichkeit war nüchterner: "Nach reiflicher Überlegung" trenne sich Vera Russwurm von ihrem "seit fast elf Jahren laufenden Erfolgsprogramm", informierte die Anstalt. Ab 2006 präsentiert sie im Hauptabend ein Gesundheitsmagazin. Generaldirektorin Monika Lindner vertraut dabei auf die "gelernte Medizinerin" Russwurm und macht für 30 Sendungen pro Jahr "beste Sendezeit" frei.

Was bleibt von "Vera"? Nur wenige Erinnerungen an einzelne Sendungen, dafür dauerhafter Schaden am TV-Journalismus, sofern man davon bei dieser Sendung sprechen kann. Hier zur Vertiefung vermeintliche "Höhepunkte" aus elf Jahren "Vera":

  • 24 Stunden zu spät kam die Polizei 1996, als die rechtskräftig wegen Anstiftung zum Mord verurteilte Renate Feneberg auf "Veras" Couch saß. Die Show war aufgezeichnet, Feneberg zur Ausstrahlung bereits weit weg.
  • Ebenfalls 1996 ließ die biedere Hausfrau Evelyn bei "Vera" ihre Hüllen fallen: Alles nur Show, das Hausmütterchen war im "richtigen Leben" professionelle Stripperin.
  • "Vera" trifft 1997 die Eltern von Franz Fuchs und konfrontiert sie mit den Bombenopfern Loley und Horvath. "Moralischer Tiefpunkt des österreichischen Journalismus", urteilten die Gazetten.
  • Über "das private Leben" plauderte "Vera" mit zahllosen Politikern: Wilhelm Molterer trabte zur Eigenpromotion gar mit Lipizzaner ein, der Kanzler zuletzt ohne.
  • "Hat einmal Kokain geschnupft", lautete das Insert zu Andreas Goldbergers Kokainaffäre 1997 samt Alkoholexzessen und Führerscheinentzug. "Vera" verzieh alles.
  • Lang ist die Liste an vorgeführten Kuriositäten: vom Dauerjodler über die "unglaubliche Geschichte eines Zwitters" bis zu an "Elefantitis" leidenden Menschen.
  • Schicksalsschläge waren stets willkommen, besonders beliebt "Tabuthemen": Inzest, der geprügelte Ehemann, gewalttätige Kinder, misshandelte Jugendliche sonder Zahl.
  • (Doris Priesching/DER STANDARD, Printausgabe, 16.11.2005)