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Der brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck soll am Dienstag zum Nachfolger von SPD-Chef Müntefering gewählt werden.

Foto: dpa/Thissen
Karlsruhe - Die deutschen Sozialdemokraten haben am Dienstag den Ministerpräsidenten von Brandenburg, Matthias Platzeck, mit überwältigender Mehrheit zu ihrem neuen Parteichef gewählt. Der Ostdeutsche ist Nachfolger von Franz Müntefering. Platzeck erhielt auf dem SPD-Parteitag in Karlsruhe 512 von 515 Stimmen. Das entspricht 99,4 Prozent. Es gab nur zwei Nein-Stimmen und eine Enthaltung.

Platzeck zeigte sich "auch ein bisschen gerührt" angesichts des Ergebnisses. Er dankte der Partei für den "riesen Vertrauensvorschuss". Er werde alles dafür tun, diesen Vorschuss auch mit "hoffentlich guter Arbeit wieder zurückzugeben".

SPD ordnet Spitze neu

Als Stellvertreter wurden beim Parteitag in Karlsruhe der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck und die SPD-Landesvorsitzende von Baden-Württemberg, Ute Vogt, in ihrem Ämtern bestätigt. Neue Stellvertreter wurden der designierte Finanzminister Peer Steinbrück, die Oberbürgermeisterin von Bonn, Bärbel Dieckmann, und die saarländische Abgeordnete Elke Ferner. Die Neuordnung ist eine Folge des Rückzugs mehrerer Amtsinhaber und der Krise nach dem Rückzug von SPD-Chef Franz Müntefering. Platzeck war zuvor mit 99,4 Prozent zum neuen Vorsitzenden gewählt worden.

Auf Vorschlag Platzecks

Die Führungskrise Anfang des Monats prägte auch die Personalentscheidungen für die Stellvertreter, die sämtlich auf Vorschlag Platzecks gewählt wurden. Müntefering hatte seinen Rückzug angekündigt, als der SPD-Vorstand gegen seinen Willen die Parteilinke Andrea Nahles als Generalsekretärin nominierte. Für die so entstandene Führungskrise wurden vor allem die Unterstützer von Nahles verantwortlich gemacht. Platzeck stellte seinen Vorschlag für die Parteispitze unmittelbar nach seiner eigenen Nominierung zwei Tage nach Münteferings Rückzug vor, um die Krise möglichst schnell zu beenden.

92,2 Prozent für Beck

Beck, der mit 92,2 Prozent ein sehr gutes Ergebnis erzielte, soll als erster Stellvertreter eine herausgehobene Rolle haben. Er war ein Anwärter auf Münteferings Nachfolge, verzichtete aber und schlug Platzeck vor. Beck, der Ende März Landtagswahlen hat, steht für Kontinuität, die den Generationswechsel abfedern soll. Nur 67,3 Prozent für Vogt

Vogt und Dieckmann hatten nach dem Rückzug Münteferings einen schweren Stand in Teilen der SPD, weil sie Nahles gestützt hatten. Ihre Nominierung als Vize wurde scharf kritisiert. Vogt erhielt nur 67,3 Prozent der Stimmen, 13 Prozent weniger als vor zwei Jahren, vermutlich auch eine Reaktion auf ihre Rolle in der Krise. Sie steht ebenfalls im März vor einer Landtagswahl. Die SPD-Spitze hatte eine Schwächung der SPD in Baden-Württemberg befürchtet, wenn Vogt den Vizeposten auf Grund des Streits verloren hätte.

79,9 Prozent für Dieckmann

Dieckmann kommt aus dem mitgliederstarken und einflussreichen SPD-Landesverband Nordrhein-Westfalen, der sich vor der Wahl um eine solide Mehrheit bemühte. Sie erhielt 79,9 Prozent der Stimmen. Ferner wurde von Platzeck nachnominiert, als Nahles nach ihrem Rückzug als Generalsekretärin angesichts der Kritik auch nicht mehr Vize werden wollte. Die Frauenpolitikerin, die ihren Wahlkreis gegen Oskar Lafontaine gewann, erhielt 83,3 Prozent der Stimmen.

Clemt-Nachfolger

Steinbrück, der ebenfalls aus Nordrhein-Westfalen kommt, bekam mit 82,1 Prozent der Delegiertenstimmen ein sehr gutes Ergebnis. Er rückt für den scheidenden Wirtschaftsminister Wolfgang Clement auf den Vizeposten. Im Vorfeld der Bundestagswahl bestanden in weiten Teilen der SPD Vorbehalte gegen Steinbrück, der sein Image als kommender Spitzenmann genoss, als Vertreter des Reformkurses von Clement und Bundeskanzler Gerhard Schröder aber für viele Sozialdemokraten ungenießbar war. Er erwarb sich aber im Lauf der Koalitionsverhandlungen neuen Respekt, der sich im Wahlergebnis niedergeschlagen haben dürfte. (APA)