Straßburg - Der Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments hat am Montagabend in einer turbulenten Abstimmung für weiterreichendere Änderungen der geplanten einheitliche EU-Lkw-Maut (Wegekostenrichtlinie, Eurovignette) gestimmt, als erwartet.

Nicht nur soll die Mautpflicht - mit Ausnahmen für Länder mit höheren Grenzen - bereits für Lkw ab 3,5 Tonnen gelten, sondern auch automatisch einen Zuschlag von bis zu 60 Prozent auf ihre Maut verrechnen könnten, wenn die EU-Kommission nicht spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten, Vorschläge für die Einbeziehung von Umwelt- und Gesundheitskosten vorlegt.

Im Ausschuss kam es zu einigen Verwirrungen über die genauen Abstimmungsinhalte und zu Abstimmungswiederholungen die von Zwischenrufen und heftigen Schlagabtäuschen zwischen den Abgeordneten begleitet waren.

Die großen Fraktionen hatten sich im Vorfeld auf einen Kompromiss geeinigt, der auch angenommen wurde, darunter die Verpflichtung der EU-Kommission, innerhalb von zwei Jahren Berechnungsmodelle für die Einbeziehung externer Kosten - also der durch den Schwerverkehr verursachten Gesundheits- und Umweltkosten - und innerhalb von 5 Jahren einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorzulegen.

Automatischer Aufschlag

Zusätzlich stimmte der Ausschuss aber für den Antrag eines sozialdemokratischen Abgeordneten, der sich für einen automatische Aufschlag von bis zu 60 Prozent für Gesundheits- und Umweltkosten aussprach, sollte die Kommission nicht innerhalb der Frist etwas tun.

Im Plenum des Europaparlaments hat dieser Antrag wenig Chancen auf eine notwendige Mehrheit, glaubt der ÖVP-EU-Parlamentarier Reinhard Rack. Die Vertreter der Europäischen Volkspartei hätten sich bei der Schlussabstimmung über den jetzt vorliegenden Text auch der Stimme enthalten, um das zu signalisieren, so Rack. Mit dem Ergebnis sei es nach wie vor möglich im Gespräch mit dem Rat und in Abstimmung mit dem Parlament noch im Dezember in zweiter Lesung eine endgültige Entscheidung über die Wegekostenrichtlinie zu erreichen. "Es ist aber nicht leichter geworden, mit dem heutigen Pallawatsch", so Rack.

Ausnahmebestimmungen

Die Grüne EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger zeigte sich abgesehen von den vorgesehenen weit reichenden Ausnahmebestimmungen für wirtschaftlich unterentwickelte Regionen ebenso wie der SPÖ-EU-Parlamentarier Jörg Leichtfried relativ zufrieden mit dem Abstimmungsergebnis im Verkehrsausschuss. Mit dem Automatismus habe man "ein Druckmittel für die EU-Kommission", so Lichtenberger. Ohne diesen, werde bei den externen Kosten nichts geschehen, befürchtet sie und die Richtlinie sei etwas "was keinem weh tut". Nicht angetastet wurde im Parlament der umstrittene Vielfahrer-Rabatt von rund 12 Prozent, der vor allem auf Drängen von Italien und Spanien in den im April zwischen den Verkehrsministern gefundenen Kompromiss aufgenommen worden war.

Das Parlament will bis zur zweiten Lesung im Dezember mit dem Rat eine Einigung herbeizuführen, um die LKW-Maut dann endgültig zu beschließen. Der nächste Verkehrsministerrat steht Anfang Dezember auf dem Programm. Gelingt es nicht, müsste in einem Vermittlungsverfahren weiter über die Richtlinie verhandelt werden. (APA)