Wien - Die Bilder von der Unterzeichnung des Staatsvertrags am 15. Mai 1955 gingen um die Welt: Um die 80 Männer waren im Saal des Oberen Belvederes versammelt, um der Verkündigung der wiedergewonnen Freiheit am Balkon beizuwohnen - aber keine einzige Frau war anwesend. Just in diesem Saal fand am Montag die Konferenz "Das Verschwinden der Frauen" statt, die sich - erstmals - schwerpunktmäßig der Verfolgung und Vertreibung von Frauen während des Nationalsozialismus widmete.

Rund 135.000 Menschen wurden von den Nationalsozialisten aus Österreich vertrieben. Nur knappe acht Prozent entschieden sich für eine Rückkehr nach 1945. Dabei wurden Frauen im Nachkriegsösterreich noch seltener aufgefordert, aus dem Exil heimzukehren als Männer.

Verschwiegen und spät anerkannt

Dazu kommt, dass lange über die "geschlechterspezifische Verfolgung des NS-Regimes" sowie über die Ermordung von Frauen in den Konzentrationslagern geschwiegen wurde, betonte Frauenstadträtin Sonja Wehsely (SP), die die Tagung initiiert hat.

Die während der Zwischenkriegszeit erlangte Freiheit in Form von Wahlrecht und Zugang zu höherer Bildung, brachte eine Reihe erfolgreicher Wissenschafterinnen hervor, die sich nicht selten in der ArbeiterInnenbewegung engagierten - und mit Beginn des Austrofaschismus fliehen mussten oder verfolgt wurden. Nach 1945 waren auch die Errungenschaften in Sachen Gleichberechtigung verloren gegangen und es dauerte sehr lange, bis Frauen - zum Beispiel als Widerstandskämpferinnen - anerkannt wurden.

"Es ist wichtig zu hinterfragen, was die Begriffe Freiheit und Gleichheit, die in diesem Gedenkjahr betont werden, für Frauenleben bedeuten", weist Sieglinde Rosenberger, Leiterin des Instituts für Politikwissenschaften an der Uni Wien, darauf hin, dass Frauen auch heute noch vielfach benachteiligt sind. (kri/D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 15.11. 2005)