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Kurt Nekula: "Die Schule soll aufs Leben vorbereiten, und das kann sie am besten, wenn sie das Leben hereinholt.

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Standard: Sind neun Wochen Sommerferien – zumindest aus Elternsicht – vielleicht zu viel?

Nekula: Es spricht viel dafür, die Sommerferien um eine Woche zu verkürzen.

Standard: Heißt das stattdessen eine Woche Herbstferien?

Nekula: Aus dem, was wir von unseren Elternvereinen wissen, können wir keine Empfehlung für Herbstferien abgeben. Die Hälfte ist dafür, die andere dagegen. Herbstferien sind vielleicht regional interessant in Tourismusgemeinden, aber da gibt es ja schon Ausnahmebestimmungen. Virulenter ist das Betreuungsproblem mit kleinen Kindern.

Standard: Woran fehlt es?

Nekula: Der Stress entsteht durch die Tatsache, dass Eltern einfach nicht so viel Urlaub haben wie die Kinder Ferien. Eltern und Kinder stehen heute in einem Spannungsverhältnis zwischen Familie, Arbeitswelt und unterschiedlichsten Bildungserwartungen. Da braucht man qualitätsvolle, familienergänzende Einrichtungen wie Ganztagsschulen, offene Schulen, Horte, die unterstützen. Denn es wird ja kein Mensch glauben, dass man über zu kurze Betreuungszeiten die Arbeitswelt verändert und dort plötzlich andere Arbeitszeiten schafft.

Standard: Welche Hauptprobleme äußern die Eltern noch?

Nekula: Die nicht transparente Leistungsbeurteilung zum Beispiel. Sehr oft wissen weder Kinder noch Eltern, was wichtig ist, wie geprüft wird oder wie die Noten vergeben werden. Da Transparenz hineinzubekommen, wäre extrem wichtig. Ein anderes Dauerproblem, wo sich in Wirklichkeit niemand hinschauen traut, ist die unterschiedliche Qualität des Unterrichts. Dabei wäre es so wichtig – nicht als pädagogische Inquisition, sondern konstruktive Qualitätsentwicklung.

Standard: Braucht die Schule heute mehr als "nur" Lehrer?

Nekula: Das wäre ganz wichtig. Denn die Schule soll aufs Leben vorbereiten, und das kann sie am besten, wenn sie das Leben hereinholt.

Standard: Wer soll rein?

Nekula: Spezialisten, geschulte Freizeitpädagogen, Sozialarbeiter, Psychotherapeuten und Psychologen, Gesundheitsexperten für Entwicklungsstörungen und Professionisten aus der Arbeitswelt. (DER STANDARD, Printausgabe, 15. November 2005)