Denn das Lebensprojekt Lernen beginnt schon früher - im Kindergarten. Der aber bleibt als erste Bildungsinstitution noch zu oft unterbelichtet. Seit der Pisa-Studie aber ändert sich das allmählich. Herzog-Punzenberger nennt ihn einen der zentralen Strukturierungsfaktoren in Österreichs "Bildungsprofil". "Je früher die Schule bzw. Vorschule oder Kindergarten beginnen und je höher die Beteiligung, desto mehr gleichen sich die Bildungserfolge der verschiedenen Gruppen an. Österreich involviert die Kinder mit dem Schulbeginn im sechsten Lebensjahr und niedriger Kindergartenbeteiligung relativ spät und selektiv in gesellschaftliche Betreuungs-und Bildungseinrichtungen".
Negative Effekte auf den Erwerb höherer Bildungsabschlüsse haben laut Herzog-Punzenberger zudem die im internationalen Vergleich relativ kurze Pflichtschulzeit, "vergleichsweise niedrige Lehrerstundenzahl, die einem Kind zur Verfügung stehen" und die frühe Aussortierung der Kinder. Da werde viel integratives Potenzial vergeudet, sagt die Expertin: "Die Unterschiede zwischen den Kindern vor dem 10. Lebensjahr sind sehr viel kleiner als nach der ersten Selektion, wo sie auf Hauptschulen und AHS verteilt werden. Da werden familiäre Mitbringsel verstärkt."
Die wirken schon früher. Einer Studie der Soziologin Anne Unterwurzacher zufolge hat schon "der Kindergartenbesuch einen signifikanten Effekt auf die Übergangsentscheidungen an der Schwelle AHS-Unterstufe oder Hauptschule". Kindergarten-Besucher wechselten eher in eine höhere Schule. Kinder der 2. Migrantengeneration besuchen seltener den Kindergarten als österreichische (61,5 Prozent gegenüber 88,9).
Die von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer installierte Zukunftskommission empfahl wegen des "relativ großen" Leistungsunterschiedes zwischen Migrantenkindern und Österreichern freiwillige Sprachintensivkurse schon in Kindergarten und Vorschule.