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Wien - Kein großer Wurf scheint das so genannte Recht auf Elternteilzeit zu werden. Zu oft klaffen die Vorstellungen von Betriebsführung und Arbeitnehmern weit auseinander. Das Gesetz "ist kein Wunschmodell der Wirtschaft", es erschwere die Personalplanung eminent, klagen Unternehmervertreter wie Martin Gleitsmann, oberster Sozialexperte der Wirtschaftskammer, im STANDARD-Gespräch. Außerdem schrecke der "mit vier Jahren überdurchschnittlich hohe Kündigungsschutz viele Firmen ab".

Andererseits ist aber auch die Arbeitnehmerseite über "Gesetzeslücken" erbost, wie Karmen Riedl, Arbeitsrechtsexpertin der Arbeiterkammer Wien, ausführt. Die Zahl der Klagen gegen Elternteilzeitkarenz häufen sich deshalb.

"Druck auf Frauen"

Zwei aktuelle Fälle betreffen nun junge Frauen. Männer sind davon wenig tangiert, weil auch das Gesetzesziel, mehr frisch gebackene Väter für teilweise Kinderbetreuung zu begeistern, bisher fehlgeschlagen ist.

Beim jüngsten gerichtsanhängigen Fall hatte eine Frau, die seit 13 Jahren bei einem großen Textilkonzern als Verkäuferin tätig war, nach der Geburt ihres dritten Kindes um Elternkarenz angesucht, da sie mit drei Kindern keine Abend- und Samstagdienste mehr machen konnte. "Das Unternehmen bestand in seinen Gegenvorschlägen jedoch auf wöchentlichen Abend-und Wochenenddiensten, was den kollektivvertraglichen Regelungen im Handel völlig widerspricht", führt die AK-Juristin aus. Als Draufgabe kündigte der Konzern der Verkäuferin die Versetzung in eine weit entfernte Filiale an.

Klage

Nachdem die Arbeitnehmerin diese Vorgaben nicht annahm, klagte der Großbetrieb - wodurch sich hier wie so oft eine Entscheidung bis weit nach dem Karenzende hinzieht.

Das generelle Problem dabei ist, so Riedl, dass der Arbeitnehmer "in dieser Zeit in dem Modell jobben muss, das der Betrieb will, oder - wenn diese Arbeitszeit mit der Kinderbetreuung nicht unter einen Hut zu bringen ist - kündigen muss." Bei vielen Firmen, die vor Gericht gehen, meint die Juristin, könne man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie "die plötzlich zu Teilzeitkräften gewandelten Mitarbeiterinnen einfach nur loswerden möchten". Dies habe sich auch in einem anderen aktuellen Fall aufgedrängt, wo der Betrieb den Antrag auf Elternteilzeit bzw. auf 13 Stunden Arbeit pro Woche abgeschmettert und seiner Mitarbeiterin stattdessen einen Fünf-Stunden-Job angeboten hat. Erst vor dem Kadi kam ein Vergleich bzw. eine Acht-Stunden-Regelung zustande.

Bumerang

Unglücklich mit der Elternteilzeit, freilich aus anderen Gründen, ist auch Unternehmervertreter Gleitsmann: "Der Rechtsanspruch auf Herabsetzung der Arbeitszeit schränkt die Verfügungsmöglichkeiten extrem ein und erfordert ein sehr hohes Maß an Flexibilität bei der Arbeitseinteilung." Es sei zu hoffen, dass die Elternteilzeit - und vor allem der intensive Kündigungsschutz - nicht zum Bumerang werden. Sprich, "dass die Betriebe bei der Einstellung junger Frauen künftig deshalb nicht noch vorsichtiger werden."

Das Recht auf Elternteilzeit besteht seit Mitte des Vorjahres und ist für Arbeitnehmer, die in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten zum Zeitpunkt des Antritts der Teilzeit mindestens drei Jahre beschäftigt sind, gültig. Das Recht auf Teilzeit besteht bis zum siebenten Lebensjahr des Kindes. (Monika Bachhofer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12./13.11.2005)