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CIA-Chef John Negroponte soll persönlich vor dem US-Senat zu den angeblichen Geheimgefängnissen in Osteuropa und Asien Stellung nehmen.

Foto: REUTERS/Larry Downing
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2002 stellte ein Unbekannter die Bilder auf eine Website. Sein Kommentar: "Fotos gemacht in einer Militär-C-130, die Kriegsgefangene transportiert."

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Washington/Wien - Die US-Außenministerin wich der Frage nach CIA-Geheimgefängnissen in Osteuropa aus. Die USA seien in einer "anderen Art von Krieg". "Wir und unsere Verbündeten, die attackiert worden sind, müssen einen Weg finden, um unsere Bevölkerung zu schützen", sagte sie nun der Washington Post, die Anfang November über die Existenz dieser Gefängnisse in ehemals sowjetischem Gebiet berichtet hatte.

Die CIA selbst forderte aber nun das Justizministerium auf, zu untersuchen, welcher Maulwurf der Zeitung die Informationen zukommen ließ. Gegenstand der Ermittlungen in Washington sollen allerdings nicht die Gefängnisse sein, in denen die Häftlinge keinen Zugang zu Anwälten oder einem fairen Verfahren haben. Einige republikanische Abgeordnete glauben, dass die Enthüllung der Existenz der Geheimgefängnisse "weit reichende schädliche und gefährliche Konsequenzen" habe, "die unsere Bemühungen, die Amerikaner und unsere Heimat vor Terrorattacken zu schützen, gefährden". Deshalb fordern sie eine Untersuchung des Kongress. Und der US-Senat verlangte am Freitag, dass die Regierung ihn vollständig über die Gefängnisse informieren solle. Auch Geheimdienstdirektor John Negroponte soll über die Berichte aussagen.

Bestätigung

"Das ist eine Bestätigung, dass es diese Geheimgefängnisse in Osteuropa gibt", sagt John Sifton von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) dem STANDARD. HRW hatte als Hinweise auf Geheimgefängnisse Flugaufzeichnungen einer Boeing, die für "außerordentliche Überstellungen" von Terrorverdächtigen bekannt ist, veröffentlicht. Die Boeing 737 mit der Nummer N313P landete in Polen und Rumänen auf Direktflügen aus Afghanistan im Jahr 2003 und 2004. Vor dem 22. September 2003 als das Flugzeug in Ostpolen, Flughafen Szymany ankam, waren mehrere Gefangene aus Afghanistan weggebracht worden. Der polnische Geheimdienst verfügt über ein Trainingslager in der Nähe des Flughafens. Am nächsten Tag landete das Flugzeug am Schwarzen Meer in Rumänien und flog von dort weiter nach Marokko und von dort nach Guantánamo.

Der besagte Flughafen in Rumänien, Mihail Kogalniceanu, ist für die Öffentlichkeit und Journalisten seit 2004 geschlossen. N313P flog am 25. Jänner 2004 auch von Kabul nach Timi¸soara. "Wir wissen aber nicht, was heute in Polen und Rumänien ist, wir haben nur Beweise für die Vergangenheit", sagt Sifton. Am Montag berichteten baltische Medien, die N313P sei von einem Flug von Frankfurt nach Moskau in den litauischen Luftraum eingedrungen. CIA-Flugzeuge würden zudem häufig die Registrierungsnummern ändern.

N313P nach Kabul

Die estnische Regierung räumte ein, dass eine Maschine mit der selben Nummer am 12. Jänner 2003 in der estnischen Stadt Pärnu zwischengelandet war. Laut HRW landete die N313P des Öfteren in Jordanien, Marokko, Ägypten, Libyen, Deutschland, dem Vereinigten Königreich, der Schweiz, Spanien, Portugal, Mazedonien, Zypern, Tschechien und Griechenland. Zu den Zielländern von "außerordentlichen Überstellungen" der CIA gehörten vor allem Usbekistan - die USA hatten bis zu dem Zerwürfnis wegen des Massakers in Andischan zwei Militärbasen dort - und Afghanistan und Ägypten.

24 US-Häftlinge sind HRW namentlich bekannt, die seit 2001 verschwanden. Insgesamt dürften es an die 100 sein, schätzt HRW. Die Washington Post berichtete von weltweit acht Geheimgefängnissen. "In Osteuropa könnten es mehr als zwei sein", sagt Sifton. Anzunehmen sei, dass die Häftlinge bereits befragt worden seien, wenn sie in die Geheimgefängnisse gebracht werden. HRW hat nun alle Informationen an den Schweizer Vorsitzenden des Justizausschusses im Europarat, Dick Marty, übergeben. Der will nun prüfen.

Sifton weist darauf hin, dass es ganz wichtig sei, dass die europäischen Außenministerien und Geheimdienste kooperieren und nennt vier wichtige Länder. "Ohne die Kooperation von Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz werden die Untersuchungen nicht sehr weit führen." Österreichs Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der am Donnerstag in Washington war, sprach sich dafür aus: "Das muss aufgeklärt werden." (DER STANDARD, Printausgabe, 12./13.11.2005)