derStandard.at: Sehen Sie in der Entscheidung des Höchstgerichtes gegen die Bestimmung im Sozialversicherungsrecht einen wichtigen Schritt der österreichischen Judikatur oder halten Sie das Ganze für reine Kosmetik?

Helmut Graupner: Ich kann diese Entscheidung nur begrüßen. Und zwar deswegen, weil der Verfassungsgerichtshof erstmals - in Anlehnung an den europäischen Menschenrechtsgerichtshof - in einer Entscheidung ausgesprochen hat, dass Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung unzulässig ist. Wir haben jetzt also die erste höchstgerichtliche Entscheidung, die besagt, dass es besonders schwerwiegende Gründe für eine Differenzierung aufgrund der sexuellen Orientierung sowie aufgrund des Geschlechts geben muss.

Der einzige Negativaspekt an der Entscheidung ist, dass der Verfassunggreichtshof die ganze Bestimmung aufgehoben und nicht einfach das Wort "andersgeschlechtlich" gestrichen hat. Dann hätte der Gesetzgeber gar nicht mehr tätig werden müssen.

derStandard.at: Warum muss Österreich erst durch die europäische Judikatur zu solchen Entscheidungen "gezwungen" werden?

Helmut Graupner: Das ist natürlich bedenklich. Ohne die klare und eindeutige Judikatur beim Menschenrechtsgerichtshof hätte sich der Verfassungsgerichtshof sicher nicht bewegt. Die entsprechenden Fälle beim Menschenrechtsgerichtshof sind übrigens zu einem großen Teil aus Österreich, wir haben sie juristisch in Strassburg vertreten.

derStandard.at: Wie viele Paare würden nach Ihrer Schätzung eine Mitversicherung nutzen wollen? Ist die Zahl tatsächlich so klein wie HOSI-Obmann Högl schätzt? ("einige Dutzend", Zitat aus der Presse)

Helmut Graupner: Das kann man schwer abschätzen. Zahlenmäßig kommt die Möglichkeit der Mitversicherung am ehesten bei den binationalen Paaren zum Tragen: Eine Aufenthaltsbewilligung für einen Partner oder eine Partnerin von einem Nicht-EU-Staat wird unter der Voraussetzung erteilt, dass sich die österreischen Partner dazu verpflichten, für seinen oder ihren Unterhalt zu sorgen. Die ausländischen Partner dürfen dann zwar hierbleiben, aber nicht arbeiten. Er oder sie ist damit zum Hausfrauen- oder Hausmanndasein verurteilt. Vor allem in den unteren Einkommensschichten ist die Mitversicherung da die günstigste Variante. Hier sehe ich ein großes praktisches Bedürfnis.

derStandard.at: Bei der Bestimmung handelt sich um einen "Ermächtigungsparagrafen", d.h. die Versicherungsanstalt kann entscheiden, wer mitversichert wird. Sehen Sie hier Probleme?

Helmut Graupner: Anders als bei Ehepartnern, wo eine Verpflichtung zur Mitversicherung besteht, haben Lebensgefährten laut ASVG und anderen Sozialversicherungsgesetzen eine "Anspruchsberechtigung". Die Sozialversicherungsträger können diesen Anspruch in ihren Satzungen vorsehen und das machen auch alle. Wenn die neue gesetzliche Regelung tatsächlich so ausschaut, dass das Wort "andersgeschlechtlich" gestrichen wird, könnten die Sozialversicherungen ihre Satzungen zwar ändern, müssten dann aber alle unverheiraten Paare ausschließen. Und das müssen sie erst politisch durchhalten.

derStandard.at: Wird jetzt auch die Diskussion um die eingetragene Partnerschaft wieder vorankommen?

Helmut Graupner: Die Justizministerin hat ja wieder einen Vorstoß gewagt. Die ÖVP hat sofort abgeblockt und zwar mit der richtigen Begründung, dass es sich bei einer "eingtragenen" Partnerschaft um eine "Ehe zweiter Klasse" handelt. Der Meinung sind wir auch. Die einzige Konsequenz daraus wäre aber, dass die Ehe für alle zugänglich sein müsste. Das wäre eine tatsächliche Gleichbehandlung. Denn solange es ein Rechtsghetto für Heterosexuelle und eines für Homosexuelle gibt, nämlich die Ehe einerseits und die eingetragene Partnerschaft andererseits, ist das gleichheitswidrig. Auch wenn inhaltlich die Rechte dieselben sind. Wir würden uns nicht über die Möglichkeit der eingetragenen Partnerschaft beschweren aber wir werden weiter für die volle Gleichbehandlung arbeiten.

derStandard.at: Die ÖVP hat angeblich dem BZÖ ein Gleichstellungspaket vorgelegt und wirft dem BZÖ vor, eine Einigung in dieser Sache zu verzögern.

Helmut Graupner: Das ist natürlich eine Ausrede. In anderen Fragen hat die ÖVP schließlich kein Problem damit hat, sich gegen den kleinen Koalitionspartner durchzusetzen. Aber einer Ehe sind gleichbeschlechtliche Paare in den Augen der ÖVP nicht würdig. Das sogenannte Gleichstellungspaket der ÖVP ist eine Augenauswischerei. Da ist nur das drinnen, was dem Staat kein Geld kostet, das hat Maria Fekter auch offiziell so gesagt. Sie kann nicht bestreiten, dass eben genau die Mitversicherung bei der Krankenversicherung, die Gleichstellung bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer, die Gleichstellung beim Arbeitslosengeld, bei der Notstandshilfe und beim Familienzuschlag in ihrem Pseudopaket nicht berücksichtigt werden. Sie sollen sich jetzt nicht aufpudeln und sagen, sie hätten das eh schon längst beschlossen und alles läge nur am BZÖ. (mhe)