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Luigi Spagnolli

Foto: APA/OTHMAR SEEHAUSER
"Gigi" nennen ihn Freunde. Und Gigi fehlt so ziemlich alles, was man gemeinhin für eine erfolgreiche politische Karriere benötigt: Redegewandtheit, Charisma, Ellbogeneinsatz, elegante Erscheinungsform. Luigi Spagnolli ist ein erdbezogener Typ. Kein Mann großer Visionen. Ein Forstwirt, der Krawatten und Maßanzüge verabscheut und Shorts trägt, wenn's draußen warm ist. Einer, der seine zwei Söhne am Wochenende in die Berge bringt und den Kontakt mit der Natur sucht.

Erdbezogen ist Spagnolli seit seiner Kindheit in der Stadtgärtnerei. Der 40-jährigen Tätigkeit seines Vaters Gildo verdankt Bozen einen Großteil seiner Grünanlagen. Nahe liegend, dass sich Luigi Spagnolli der Forstwirtschaft zuwandte. Nach seinem Studium in Florenz amtierte er als Kabinettschef mehrerer Bürgermeister und wurde 2003 zum Direktor des Nationalparks Stilfserjoch bestellt.

Dass er sich nun in den vertrauten Amtsstuben der Gemeinde Bozen plötzlich als Bürgermeister wiederfindet, verdankt er einem politischen Betriebsunfall. Im Mai gewann der Rechtskandidat Giovanni Benussi die Stichwahl gegen den amtierenden Bürgermeister Giovanni Salghetti überraschend mit sieben Stimmen Vorsprung. Benussi scheiterte an der fehlenden Mehrheit im Gemeinderat, kündigte aber eine neuerliche Kandidatur an.

Auf der Suche nach einem geeigneten Herausforderer stieß das Mitte-links-Bündnis auf Luigi Spagnolli. Der kumpelhafte, rundliche Bergfex als Rivale des eleganten Architekten Benussi? Viele Bozner schüttelten vehement den Kopf. Selbst in der zerstrittenen Zentrumspartei Margherita konnten sich nur wenige einen Wahlsieg ihres katholischen Parteifreundes vorstellen. Wer an die Chancen des 45-jährigen Forstwirts glaubte, war vor allem die Südtiroler Volkspartei, die erstmals mit ihm in den italienischen Vierteln der Landeshauptstadt um Stimmen warb. Dabei erwies sich Gigi, der den Südtiroler Dialekt gut beherrscht, als Mann aus dem Volk. Als einer, dem man ohne Zweifel einen Gebrauchtwagen abkauft.

Nach seinem Sieg muss Spagnolli mit einer bunten Koalition regieren, die von den Kommunisten bis zur SVP reicht, und die Gräben zuschütten, die acht Monate Wahlkampf in der ethnisch geteilten Stadt hinterlassen haben. Den italienischen Wählern muss er beweisen, dass er von der siegreichen SVP nicht am Gängelband geführt wird - trotz des engen Vertrauensverhältnisses zu Vizebürgermeister und Landes-SVP-Chef Elmar Pichler-Rolle. Der hatte seiner Partei den Verzicht auf eine Kandidatur im ersten Wahlgang verordnet und so den Weg für Spagnolli geebnet. Der gibt sich wie immer bescheiden: "Ich will meine persönlichen Schwächen durch eine gute Mannschaft wettmachen." (DER STANDARD, Print, 9.11.2005)