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Kanzler Schüssel reagierte umgehend auf Bezirksrat Erich Eders Forderung, das Konkordat aufzukündigen

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Wien – Am Dienstag musste sogar der Bundessprecher der Grünen, Alexander Van der Bellen, zu einer Klarstellung ausrücken: Auf der politischen Prioritätenliste der Grünen stehe der "Bildungsnotstand", der Kampf gegen die Armut oder der Klimaschutz. "Das brennt uns unter den Nägeln. Aber nicht das Konkordat", sagte Van der Bellen.

1112 Bezirksräte

Dass Letzteres überhaupt Thema wurde, verdankt sich einem Bezirksrat aus Wien-Alsergrund. 1112 Bezirksräte gibt es insgesamt in Wien. 204 davon stellen die Grünen. Und einer hatte bei der Landesversammlung der Wiener Gruppe am Sonntag erklärt, man könne mit der ÖVP eine Regierung erst dann bilden, wenn diese "der ersatzlosen Abschaffung des Konkordats zustimmt" – also jene völkerrechtliche Vereinbarung, die die Beziehungen zwischen Kirche und Staat in Österreich regelt.

Dies hätte "auf gut Altwienerisch a Wuchtel sein sollen", sagt Bezirksrat Erich Eder im STANDARD-Gespräch jetzt. Und ist überrascht, im Mittelpunkt einer innenpolitischen Diskussion zu stehen.

Kein Wort zu Strache

Denn Montagabend war diese "Wuchtel" sogar bei Bundeskanzler Wolfgang Schüssel angekommen, der sich "entsetzt" zeigte und von Van der Bellen klärende Worte forderte – was den Grünen-Chef verärgert: "Ich bin auf das Äußerste befremdet, dass Schüssel nur 24 Stunden braucht, um auf die persönliche Ansicht eines Bezirksrats zu reagieren, aber drei Wochen nach der Wien-Wahl noch immer keine Worte zu Strache findet", sagte Van der Bellen am Dienstag. Der FP-Chef habe einen ausländerfeindlichen Wahlkampf geführt, "der den Frieden zwischen den Religionen gefährdet".

"Bürgerschreck"

"Dass die ÖVP nur darauf wartet, einen linken Bürgerschreck bei den Grünen festzumachen, überrascht mich nicht", meint Eder. Er sei dafür aber der Falsche: "Ich bin relativ konservativ", sagt der 40-jährige Biologe. In der Sache ist Eder nun um Klarstellung bemüht. Auf der Bezirkspartei-Homepage hat er eine Stellungnahme veröffentlicht. Darin heißt es: "Ich bin kein Religionshasser, sondern trete für Menschenliebe und Toleranz ein, für eine Gleichbehandlung aller ethisch-humanitären Weltanschauungen." Eder glaubt aber ohnhin, dass es sich bei der Diskussion "definitiv um eine Eintagsfliege" handle.

Von offizieller Seite gab es für seine Äußerung "noch keine Prügel". Die Wiener Grünen-Chefin Maria Vassilakou nennt das Ganze eine "lächerliche Debatte". (pm/DER STANDARD, Printausgabe, 9.11.2005)