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Zwei Tage lang wurde der argentinische Badeort Mar del Plata von Sicherheitskräften und Demonstranten belagert. Die Wut galt in erster Linie US-Präsident George W. Bush.

Foto: APA/EPA/CHICO SANCHEZ
Mar del Plata/Montevideo - Mit Straßenschlachten hatte der vierte Amerikagipfel im argentinischen Mar del Plata begonnen, mit einem Eklat ging er zu Ende: erstmals trennten sich die Staats- und Regierungschefs aus 34 Ländern Amerikas ohne einvernehmliche Abschlusserklärung.

Am späten Samstagabend legten die Delegationen noch eine Deklaration vor, in der aber nur die unterschiedlichen Auffassungen zum Thema der gesamtamerikanischen Freihandelszone (Alca) hervorgehoben wurden. Die meisten Staatschefs - darunter US-Präsident George W. Bush - waren zu dem Zeitpunkt bereits abgereist.

Streit um Alca

Der Gipfel stand eigentlich unter dem Motto der Arbeitsbeschaffung, doch der Streit um Alca hatte das Treffen beherrscht und nach Worten des chilenischen Staatschefs Ricardo Lagos zu "noch nie da gewesenen Debatten" geführt.

Für die US-Diplomatie war der Gipfel ein Rückschlag, da er zutage brachte, dass die Washingtoner Konzepte im ehemaligen Hinterhof zunehmend infrage gestellt werden.

Die Freihandelszone Alca, die 1994 auf dem ersten Amerikagipfel in Miami als Projekt der USA aus der Taufe gehoben worden war, sollte eigentlich bereits verwirklicht sein. Doch seit zwei Jahren liegen die Verhandlungen auf Eis. Die US-Diplomatie will die Gespräche im kommenden Jahr wieder aufleben lassen.

Der mexikanische Präsident Vicente Fox sprach sich dafür aus, dass die 29 Staaten der Gipfelmehrheit für sich eine Freihandelszone anstreben sollten.

Gegnerschaft

Dagegen sträubten sich aber insbesondere die Länder des Gemeinsamen Südamerikanischen Marktes Mercosur (Argentinien, Paraguay, Uruguay, Brasilien), die besonders unter dem US-Agrarprotektionismus zu leiden haben.

Sie sehen in einem solchen Vorhaben erst Sinn, wenn im Rahmen der Doha-Runde der Welthandelsorganisation eine Einigung über die Abschaffung der Agrarsubventionen erzielt ist. Sonst sei kein faires Abkommen möglich.

Chávez: "Alca al carajo"

Unterstützt werden sie von Venezuelas linkspopulistischen Präsidenten Hugo Chávez, der nach eigenen Worten nach Mar del Plata gekommen war, um Alca zu Grabe zu tragen. Chávez hatte seinen großen Auftritt beim Gegengipfel am Freitag, an dem auch Argentiniens Fußballstar Diego Maradona und der Favorit für die Präsidentschaftswahlen in Bolivien, der Kokabauer und linke Abgeordnete Evo Morales, teilnahmen. Chávez redete in einem Stadion in Mar del Plata. Er sagte: "Alca al carajo" (Zum Teufel mit Alca). Anschließend kam es zu Ausschreitungen zwischen Randalierern und der Polizei: Vermummte Demonstranten warfen mit Steinen und brannten eine Bank und mehrere Geschäfte nieder; die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschoße ein. (DER STANDARD, Printausgabe 7.11.2005)